Rz. 43

vorläufig frei

 

Rz. 44

Für alle Unternehmen ist eine Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert für Fälle der Bilanzierung von betrieblicher Altersversorgung hinsichtlich

  • der Wertpapiere in einem Planvermögen bzw. Deckungsvermögen[1] und
  • der damit zusammenhängenden – zu saldierenden – Rückstellung[2]

zwingend. Sind die Kriterien für ein Planvermögen nicht erfüllt, entfällt die Saldierung mit den Pensionsverpflichtungen. Für viele Unternehmen hat deshalb der beizulegende Zeitwert keine praktische Bedeutung.

 

Rz. 45

Wie sich aus § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB entnehmen lässt, ist der beizulegende Zeitwert der Marktpreis, der – dies lässt sich dem ersten Halbsatz des Satzes 2 entnehmen – auf einem aktiven Markt ermittelt wird. Der Marktpreis kann als an einem aktiven Markt ermittelt angesehen werden, wenn er an einer Börse, von einem Händler, von einem Broker, von einer Branchengruppe, von einem Preisberechnungsservice oder von einer Aufsichtsbehörde leicht und regelmäßig erhältlich ist und auf aktuellen und regelmäßig auftretenden Markttransaktionen zwischen unabhängigen Dritten beruht. Das Vorhandensein öffentlich notierter Marktpreise gilt als der bestmögliche objektive Hinweis für den beizulegenden Zeitwert. Maßgebend ist der notierte Marktpreis, sodass Paketzu- oder -abschläge nicht vorgenommen werden dürfen. Vom Vorliegen eines aktiven Markts kann nicht ausgegangen werden, wenn beispielsweise wegen einer geringen Anzahl umlaufender Aktien im Verhältnis zum Gesamtvolumen der emittierten Aktien nur kleine Volumina gehandelt werden oder in einem engen Markt keine aktuellen Marktpreise verfügbar sind.[3] Insoweit erscheint die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert für nicht börsengängige Güter weitestgehend ausgeschlossen.

 

Rz. 46

Der Gesetzgeber knüpft hier mit dem beizulegenden Zeitwert an die Fair-Value-Bewertung der IFRS an.[4]

 

Rz. 47

Nur wenn ein Marktpreis nicht ermittelt werden kann, kommen andere Bewertungsmethoden i. S. v. § 255 Abs. 4 Satz 2 HGB zum Einsatz. Die Anwendung von Bewertungsmethoden dient dazu, den beizulegenden Zeitwert angemessen an den Marktpreis anzunähern, wie er sich am Bewertungsstichtag zwischen unabhängigen Geschäftspartnern bei Vorliegen normaler Geschäftsbedingungen ergeben hätte. Denkbar ist beispielsweise der Vergleich mit dem vereinbarten Marktpreis jüngerer vergleichbarer Geschäftsvorfälle zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Geschäftspartnern oder die Verwendung von anerkannten wirtschaftlichen Bewertungsmethoden.[5] Mit diesen Formulierungen greift die Gesetzesbegründung die ältere Fair-Value-Definition der IFRS aus der Vor-IFRS-13-Zeit auf und ermöglicht somit auch eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert für nicht börsenmäßig gehandelte Güter.

 

Rz. 48

Für eine Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert ist es immer erforderlich, dass der beizulegende Zeitwert verlässlich ermittelt wird. "Dieses Erfordernis der Verlässlichkeit resultiert aus dem Grundsatz der vorsichtigen Bewertung."[6] Im Gesetzeswortlauf selbst findet sich dieses Erfordernis nicht unmittelbar, weshalb der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung auch von einem "ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal" spricht. Bemerkenswert sind 2 Überlegungen. Zum einen war vor dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz die Verlässlichkeit kein notwendiges Merkmal, da historische Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Bewertungsmaßstab immer eine hohe Verlässlichkeit haben, welche bei einem beizulegenden Zeitwert offensichtlich nicht mehr durchgängig gegeben ist. Zum anderen bezieht sich der Gesetzgeber auf den Grundsatz der Vorsicht, obwohl ein beim beizulegenden Zeitwert möglicher Ausweis eines unrealisierten Gewinns ohnehin wenig mit Vorsicht zu tun hat; hier drängt sich eine Referenzierung der Verlässlichkeit eher zur Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB auf, wonach der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln hat.

 

Rz. 49

Lässt sich der beizulegende Zeitwert nicht verlässlich ermitteln, haben Zugangs- und Folgebewertung zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen. Von einer nicht verlässlichen Ermittlung des Marktwertes ist beispielsweise auszugehen, wenn die angewandte Bewertungsmethode eine Bandbreite möglicher Werte zulässt, die Abweichung der Werte voneinander signifikant ist und eine Gewichtung der Werte nach Eintrittswahrscheinlichkeiten nicht möglich ist.[7]

 

Rz. 50

Unter welchen Bedingungen ein an einem aktiven Markt gebildeter Marktpreis der Verlässlichkeit nicht entspricht, lassen sowohl der Gesetzestext als auch die Gesetzesbegründung offen. Jedoch könnte m. E. als ein Indiz mangelnder Verlässlichkeit angesehen werden, wenn einer oder – besser – mehrere der folgenden Zustände zu beobachten ist:

  • überhitzte Märkte aufgrund von Spekulationen (z. B. Bildung sog. Blasen);
  • Beeinflussung der Märkte durch anomale Handelsaktivitäten oder (fehl)gesteuerte Informationen;
  • Eingreifen der Börsenaufsicht (z. ...

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