Leitsatz

Abfindungszahlungen des Mieters an den Vermieter im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses sind umsatzsteuerpflichtiges Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches und keine nicht steuerbaren Schadenersatzzahlungen.

 

Sachverhalt

Die klagende GmbH mit dem Unternehmenszweck "Entwicklung eines Geländes" vermietete Teile des Geländes umsatzsteuerpflichtig (Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG i. V. m. § 9 UStG) an einen Konzern. Als Mietzeit war der Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2015 ohne ordentliches Kündigungsrecht vereinbart; eine vorzeitige Kündigung war nur aus wichtigem Grund möglich. Durch einen Abänderungsvertrag von 2008 vereinbarte die Klägerin mit dem Konzern eine Verkürzung der Mietlaufzeit bis zum 31.12.2010, wofür der Konzern an die Klägerin einen Abfindungsbetrag zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen hatte.

Entgegen der Auffassung der Klägerin beurteilte das Finanzamt den Abfindungsbetrag als zum Regelsteuersatz steuerpflichtigen (Vermietungs-) Umsätze des Vermieters.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamts. Eine steuerbare Leistung gegen Entgelt (sog. Leistungsaustausch) i. S. v. Art. 2 Abs. 1 lit. a und lit. c der MwStSystRL und § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung eine innere Verknüpfung besteht, weil der Leistende seine Leistung gerade um der Gegenleistung willen erbringt, wobei ausreicht, dass die Gegenleistung erwartet wird bzw. jedenfalls zu erwarten ist.

Ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung richtet, bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Deshalb sind bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrages die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches regelmäßig erfüllt.

Vom Fehlen eines in diesem Sinne unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung ist auszugehen, wenn die Zahlung gerade nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen entstandenen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Verzichtet der Steuerpflichtige jedoch gegen Entgelt auf eine ihm nach Gesetz oder Vertrag zustehende Rechtsposition, liegt regelmäßig ein steuerbarer Umsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor.

Danach handelt es sich bei der streitigen Zahlung des Konzerns in Höhe ihres Nettobetrages um Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs, da die Zahlung auf einem Verzicht der Klägerin auf die Ausübung ihrer entgeltlichen Vermietungstätigkeit beruhte und mit diesem Umstand in einem unmittelbaren Zusammenhang stand.

Da der Vermieter wirksam auf die Steuerfreiheit der laufenden Vermietungsumsätze verzichtete, gilt dieser Verzicht auch für die Abfindungszahlung für die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages, so dass diese ebenfalls steuerpflichtig ist.

 

Hinweis

Wäre das zugrundeliegende Mietverhältnis steuerfrei nach § 4 Nr. 12a UStG gewesen, wäre die Abfindungszahlung ebenfalls umsatzsteuerfrei.

Angesichts der unterschiedlichen Lösungswege des BFH (Urteile v. 16.1.2014, V R 22/13 und v. 30.6.2010, XI R 22/08) darf die Praxis auf Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofs gespannt sein (Az beim BFH XIR 20/17).

 

Link zur Entscheidung

Hessisches FG, Urteil vom 27.04.2017, 6 K 1986/16

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