Leitsatz

Eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG an eine Pflegeperson kann bei Zwischenschaltung eines freien Trägers der Jugendhilfe nur vorliegen, wenn das zuständige Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, dies billigt und ihm gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zusteht, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung über die Mittelverwendung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 11 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte im Streitjahr 2016 in ihren Haushalt ein neunjähriges Pflegekind aufgenommen. Weitere Pflegekinder wurden von ihr nicht betreut. Sie wurde mit der Betreuung des Pflegekindes von der T‐GmbH als freie Mitarbeiterin beauftragt. Bei der T-GmbH handelte es sich um einen privaten Träger der freien Jugendhilfe. Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Zusätzlich schlossen die Klägerin und die T-GmbH eine Übernahme- und Honorarvereinbarung. Für ihre Leistungen erhielt die Klägerin von der T-GmbH ein monatliches Honorar, das am erhöhten Betreuungsbedarf des Kindes orientiert war, eine Versorgungs- und Fortbildungspauschale sowie an das Pflegekind weiterzuleitendes Taschen- und Bekleidungsgeld. Hierüber erteilte sie der GmbH monatliche Rechnungen.

Zuständig für das Pflegekind war das Jugendamt der Stadt S. In die Vereinbarung zwischen dem Jugendamt S und der T-GmbH war die Klägerin nicht als Vertragspartnerin einbezogen. Das von der T-GmbH an die Klägerin zu zahlende Honorar und der Sachkostenersatz wurden von der GmbH und der Klägerin wiederum ohne Einbeziehung des Jugendamts ausgehandelt. Allerdings fand im Vorfeld der Beauftragung der T-GmbH durch das Jugendamt und der Klägerin durch die T-GmbH eine dreiseitige Abstimmung statt, um zu klären, ob das Jugendamt der Beauftragung der Klägerin durch die T-GmbH zustimmt.

Die T-GmbH behielt aus den vom Jugendamt für die Betreuung gezahlten Tagessätzen einen Eigenanteil zurück. Von dem Restbetrag zahlte sie an die Klägerin die Honorare, den Sachkostenersatz und das an das Pflegekind weiterzuleitende Taschen- und Bekleidungsgeld jeweils nach Rechnungsstellung durch die Klägerin aus. In der Gewinnermittlung der T-GmbH wurden die vom Jugendamt gezahlten Pflegegelder als Betriebseinnahmen und die an die Klägerin gezahlten Beträge als Betriebsaus­gaben und das Taschen- und Bekleidungsgeld für das Pflegekind als durchlaufender Posten behandelt. Eine tatsächliche Kontrolle der Mittelverwendung bei der T-GmbH durch das Jugendamt fand im Streitjahr nicht statt. Das Jugendamt war nicht berechtigt, die Verwendung der Mittel seitens der T-GmbH zu kontrollieren. Die T-GmbH hätte die Verwendung der Mittel für das Pflegekind auf Anfrage des Jugendamts jedoch offengelegt.

Die Klägerin macht bei ihrer Einkommensbesteuerung geltend, dass die von der T-GmbH gezahlten Honorare gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfrei seien. Das FA folgte dem nicht und legte den Gewinn der Klägerin aus der Betreuung des Pflegekindes der Besteuerung als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zugrunde. Das FG wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.3.2019, 12 K 3393/18 E, Haufe-­Index 14223728).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen, da die Entscheidung des FG im Ergebnis richtig war.

 

Hinweis

1. Die Frage, ob Zahlungen für die Betreuung eines Pflegekindes unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG fallen, hat den BFH schon des Öfteren beschäftigt. Zu den gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfreien Beihilfen zur Erziehung gehören u.a. auch die an Pflegeeltern für eine Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII aus öffentlichen Mitteln gezahlten Pflege- und Erziehungsgelder. Hierunter fallen auch Erziehungs- und Pflegegelder, die – wie im Streitfall – an eine Pflegeperson gezahlt werden, die ein Pflegekind mit einem besonderen Unterstützungsbedarf zeitlich unbefristet in den eigenen Haushalt aufnimmt und dort umfassend in Vollzeit betreut.

2. Öffentliche Mittel gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind solche, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d.h. haushaltsmäßig als Ausgaben festgelegt und verausgabt werden. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn die in einem Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt werden. Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BFH jedoch, dass über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt.

3. Der BFH hat in dem vorliegenden Urteil seine Rechtsprechung bestätigt, dass die Vorgaben im BMF-Schreiben vom 22.10.2018, IV C 3 – S 2342/07/0001:138, BStBl I 2018, 1109 (unter E), für die Konkretisierung dieser Voraussetzungen nicht maßgeblich sind. Die vom BMF geforderte Vorgehensweise, dass das Pflegegeld der Pflegeper...

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