Es geht in dieser Phase darum, vermutete Optimierungspotenziale solide zu analysieren, quantifizieren und verifizieren, um damit als Basis die Projektplanung der nächsten Phasen zu konkretisieren, z. B. die Unternehmensabläufe, bei denen sich eine eingehende Untersuchung lohnt, zu bestimmen. Ausgangspunkt sind häufig bereits identifizierte, aktuelle Probleme. Weitere Hinweise kann die Analyse vorhandener Daten (z. B. Bilanz, GuV, Cashflow) liefern. Da diese Daten den tatsächlichen Prozessablauf jeweils nur beschreibend abbilden, ist zu prüfen, wie prozessnah, wie detailliert und wie aktuell diese Beschreibung ist. Weit mehr quantitative Präzision und operative Aussagekraft bietet die sog. Transaktionsdatenanalyse. Sie setzt jedoch Einsicht und Detailverständnis über die praktizierten Geschäftsszenarien und Ablaufvarianten sowie deren systemische Abbildung voraus. In aller Regel sind ergänzende Untersuchungen notwendig, um ausreichende Transparenz über die tatsächlichen Abläufe zu erhalten.

Erfahrungswerte bei Ernst & Young[1] zeigen, dass in Industrieunternehmen regelmäßig ca. 5 % des Umsatzes als Optimierungspotenziale identifiziert werden, von denen in den ersten 12 Monaten nach Projektbeginn ca. 50 % realisiert werden können.

Ein bewährtes Muster für diese Untersuchungen ist:

  • Erfassung der tatsächlichen körperlichen und informationellen Prozesse zum Working Capital Management über bereichsübergreifende Mapping-Workshops. In der Praxis bietet sich hier neben der Beschreibung des "Normal"-Prozesses die Erfassung von "Ausreißern", also ungeplanten Prozessabläufen, nach Störungsintensität und Häufigkeit des Auftretens an. Hilfreich ist hierzu insbesondere der Einsatz gezielter Stichproben (z. B. tatsächliche Durchlaufzeiten von Aufträgen), um schnell zu einer Prozesstransparenz zu gelangen.
  • Auswertung von transaktionalen Daten zur statistischen Auswertung des prozessualen Zeitablaufs (in Tagen und EUR), Identifikation von Treibern (organisatorische Einheiten, Prozessschritte, usw.) und eindeutige Erhebung gebundener Wertvolumina zur Festlegung quantitativer Ziele.
  • Erfassung der zugehörigen Richtlinien und Prozessdokumentationen: Diese sind den tatsächlichen Abläufen gegenüberzustellen. Abweichungen sind zu erfassen und nach ihren Auswirkungen zu bewerten.
  • Analyse von Zielsetzung und Reporting für die einzelnen Prozessabschnitte: Bei den Kennzahlen und Zielvorgaben ist zu prüfen, ob sie "vernünftig" sind, die richtigen Werte gemessen werden und ob nach ihnen gearbeitet wird.

Für die Untersuchung eines Industrieunternehmens bietet sich bspw. an (Auszug):

  • Erfassung des körperlichen Prozessablaufs vor Ort (z. B. Materialfluss, Lagerorganisation, visuelle Kontrolle der Lagerbestände).
  • Transaktionsdatenanalyse aller in den letzten 12 Monaten erstellten und bezahlten Rechnungen (im Order-to-Cash-Prozess).
  • Erfassung der Verantwortungsbereiche (Process Owner), ihrer Ziele und ihrer Zielverfolgung.
  • Analyse des praktizierten Dispo-Systems in den Bereichen Inbound/Leistungserstellung/Outbound (z. B. Losgrößen, Mindestbestände, Planungsfrequenzen), Überprüfung des praktizierten Controllings (z. B. Abgleich physische vs. Papier-Bestände, Erfassung Ladenhüter, Nacharbeit, Wartezeiten, "Hauruck"-Aktionen…).

Resultierende Problemfelder werden in dieser Phase klassifiziert, ihre Ursachen lokalisiert und zugehörige Verbesserungspotenziale abgeschätzt.

Abb. 21: Praxisbeispiel Projektablauf mit dezidiertem Experteneinsatz[2]

[1] S. Ernst & Young, 2013.
[2] Quelle: Ernst Young, 2013c.

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