Rz. 4

Dem Begriff des Geschäftsjahres fehlt es an einer gesetzlichen Definition. Obwohl der Begriff des Geschäftsjahres bzw. die Dauer des Geschäftsjahres regelmäßig als der Zeitraum zwischen 2 Bilanzstichtagen definiert wird, ist dies nicht zielführend, weil sich der Bilanzstichtag wiederum nach dem Schluss des Geschäftsjahres richtet; vielmehr stellt sich das Geschäftsjahr als die vom Kaufmann festgesetzte Rechnungsperiode dar.[1] Personen- und Kapitalgesellschaften ist dabei zu empfehlen, dass sie diese Rechnungsperiode, mithin den Beginn und das Ende des Geschäftsjahrs, im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung festlegen.[2] Wird im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung keine Regelung in dieser Sache getroffen, so entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr.[3] Die Festsetzung des Geschäftsjahres erfolgt (ggf. notwendigerweise in Übereinstimmung mit den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen) mit der Erstellung des ersten regelmäßigen[4] Jahresabschlusses, der im Übrigen nicht zwingend einen mit der Eröffnungsbilanz übereinstimmenden Stichtag aufweisen muss.[5] Dabei ist dem Begriff selbst bereits eine im Grundsatz geltende Dauer von 12 Monaten immanent. Allein die Einforderung zur Erstellung eines Jahresabschlusses lässt die gesetzgeberische Normalvorstellung eines 12-monatigen Zeitraums erkennen.[6] Dies wird auch außerhalb des HGB deutlich, wenn der Gesetzgeber z. B. in § 115 Abs. 1 Satz 1 WpHG dem für bestimmte Unternehmen zu beachtenden Halbjahresfinanzbericht einen 6-Monatszeitraum zugrunde legt.[7] § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB begrenzt die Dauer des Geschäftsjahres auf 12 Monate. Infolge der Gesetzessystematik erstreckt sich die Wirkung der Regelung, die im Grunde nur zur Konkretisierung des Inventars Stellung nimmt, auf das gesamte Handelsrecht und über den Grundsatz der Maßgeblichkeit schließlich auch auf das Bilanzsteuerrecht. Die Regelung ist zudem kein dispositives Recht; sie ist zwingend und kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht umgangen werden.[8]

 

Rz. 5

Ein Überschreiten des 12-Monatszeitraums ist damit grundsätzlich[9] unzulässig. Eine mit IAS 1.36 vergleichbare Regelung, der zufolge (nach einer Umstellung des Geschäftsjahres) das folgende Geschäftsjahr auch die Dauer von 12 Monaten überschreiten darf, ist dem deutschen Bilanzrecht fremd.[10] Damit ist es auch unzulässig, das Geschäftsjahr mit einer Dauer von 52 Wochen und in jedem 5. Jahr mit 53 Wochen anzusetzen, was nach ausländischem Recht teils zulässig ist.[11]

 

Rz. 6

Ein Unterschreiten des 12-Monatszeitraums ist dem Wortlaut nach zulässig, führt aber ohne Rechtfertigung aufgrund besonderer Umstände zu einem Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung. Diese fordern zur Sicherung der Vergleichbarkeit eine Rechnungslegung über regelmäßig einheitliche Zeiträume.[12]

 

Rz. 7

Ferner könnte der für Kapitalgesellschaften geltenden Generalnorm aus § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB ("true and fair view") nicht ordnungsgemäß Rechnung getragen werden, wenn aufeinander folgende Geschäftsjahre stets voneinander abweichende Längen aufweisen würden; uneinheitliche Berichtsperioden schränken die Informationsfunktion des Jahresabschlusses demnach erheblich ein.[13]

 

Rz. 8

Einzelkaufleuten, die an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als jeweils 600.000 EUR Umsatzerlöse und jeweils 60.000 EUR Jahresüberschuss erwirtschaften, steht die Anwendung der §§ 238241 HGB jedoch frei (§ 241a Satz 1 HGB), sodass aufgrund dieser größenabhängigen Erleichterung insoweit eine Ausnahme bestehen kann, was auch für die Erstellung des Jahresabschlusses gilt (§ 242 Abs. 4 HGB). Aufgrund dieser Ausnahme braucht der Einzelkaufmann, der die genannten Größenkriterien nicht überschreitet, § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB nicht anzuwenden, sodass es ihm grundsätzlich auch erlaubt ist, ein Geschäftsjahr mit einer Dauer von mehr als 12 Monaten zu wählen. Zwar wird er schon aus praktischen Gründen eine Erfolgsrechnung auf jährlicher und damit 12-monatiger Basis aufstellen, da u. a. auch die Einkommensteuer für das Kalenderjahr erhoben wird, woraus sich aber nicht notwendigerweise eine Auswirkung auf die Dauer des handelsrechtlichen Geschäftsjahrs ergibt.[14]

 

Rz. 9

Über die Dauer des Geschäftsjahres steht dem Kaufmann keine Dispositionsbefugnis zu. Sie beträgt (abgesehen von der Berücksichtigung besonderer Umstände) maximal 12 Monate und ist zwingend. Entgegenstehende Vereinbarungen einer Satzung oder eines Gesellschaftsvertrags, die obligatorisch Regelungen enthalten müssen, sofern ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr festgelegt werden soll,[15] sind unwirksam. In besonderen Fällen, wie der Gründung und Auflösung, eines Gesellschafterwechsels, einer Verschmelzung oder Spaltung sowie der Umstellung oder der Änderung der Konzernzugehörigkeit, können kürzere Geschäftsjahre (sog. Rumpfgeschäftsjahre) erforderlich und zulässig sein.[16]

 

Rz. 10

Das HGB schreibt dem ins Handelsregister eingetragenen Kaufmann keinen fest...

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