Rz. 32

Neben dem Vorliegen eines Rechnungsabgrenzungspostens konnte vor Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) auch dann ein bilanzierungsfähiger Sachverhalt ohne das Vorliegen eines Vermögensgegenstandes bzw. einer Schuld gegeben sein, wenn eine Bilanzierungshilfe gegeben war. Durch aktivische Bilanzierungshilfen wurde "die periodige Aufwandsverrechnung einmaliger Ausgaben, die nicht für selbstständig verkehrsfähige"[2] Vermögensgegenstände verwendet wurden, ermöglicht. Zu Recht weist Dziadkowski darauf hin, dass gerade bei immateriellen Anlagewerten "im Grenzbereich" die "Grenzen zwischen immateriellen Anlagewerten und Bilanzierungshilfen […] fließend" sind.[3] Angesichts der engen Abgrenzung der Rechnungsabgrenzungsposten konnten diese aber nach damaliger Handhabung klar von den Bilanzierungshilfen abgegrenzt werden. Nach dem Bilanzrecht vor Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes kamen handelsrechtlich als aktivische Bilanzierungshilfen vor allem die Ingangsetzungskosten und der derivative Firmenwert in Betracht. Nach Einführung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes wurden als Bilanzierungshilfen auf der Aktivseite insbesondere die Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes nach § 269 HGB a. F. und die Abgrenzungen für latente Steuern nach § 274 Abs. 2 HGB a. F. angesehen. Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) jedoch wurde die Möglichkeit der Aktivierung von Bilanzierungshilfen gestrichen.

Die Bundesregierung führt in der Gesetzesbegründung des BilMoG aus, dass es sich bei aktiven latenten Steuern weder um einen Vermögensgegenstand noch um einen Rechnungsabgrenzungsposten oder um eine Bilanzierungshilfe, sondern um einen Sonderposten eigener Art handelt.[4] Deshalb sind aktive latente Steuern gem. § 266 Abs. 2 D HGB zukünftig im Falle einer Aktivierung unter dem Posten Aktive latente Steuern an vorletzter Stelle der Aktivseite der Bilanz auszuweisen. Auch wenn der Geschäfts- oder Firmenwert in der Bilanzgliederung des § 266 Abs. 2 HGB zu den immateriellen Vermögensgegenständen gezählt wird und obwohl er nach § 255 Abs. 4 Satz 3 HGB a. F. auch planmäßig auf seine voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt werden kann, war seine Qualifikation als Vermögensgegenstand mit den vor Einführung des BilMoG maßgebenden Bilanzierungsgrundsätzen nicht zu vereinbaren. Aber auch bei einem Abgehen vom Kriterium der Einzelveräußerbarkeit scheiterte seine Vermögensgegenstandseigenschaft daran, dass er keinen eigenständigen und selbstständig bewertungsfähigen Gegenstand darstellte, weil er lediglich einen rechnerischen Unterschied zwischen 2 Bewertungssystemen wiedergibt. Seit der Einführung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) wird der Geschäfts- oder Firmenwert nun gemäß § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB per Fiktion als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand definiert, für den somit die allgemeinen Bewertungsregeln des § 253 Abs. 3 HGB – mit Ausnahme des Zuschreibungsverbots gem. § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB – gelten. Gemäß § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB ist der Geschäfts- oder Firmenwert planmäßig über seine "individuelle betriebliche Nutzungsdauer"[5] abzuschreiben. Der Zeitraum, über den der Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird, ist dabei im Anhang zu erläutern.[6] Kann die voraussichtliche Nutzungsdauer in Ausnahmefällen nicht verlässlich geschätzt werden, so hat die planmäßige Abschreibung neuerdings nach § 253 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HGB über einen Zeitraum von 10 Jahren zu erfolgen. Mit Einführung dieser Regelung und der damit einhergehenden Beseitigung vielfältiger Erscheinungsformen des Geschäfts- oder Firmenwerts aufgrund des vor Einführung des BilMoG geltenden Wahlrechts wird eine wesentlich verbesserte Vergleichbarkeit der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse erreicht.[7]

 

Rz. 33

Steuerrechtlich besteht für den derivativen Firmenwert ein Aktivierungsgebot, das aus § 5 Abs. 2 EStG abgeleitet wird. Der BFH sieht den Firmenwert aufgrund der früheren Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, in dem dieser ausdrücklich als nicht abnutzbares Wirtschaftsgut erwähnt wird, als aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut an. Obwohl der Wirtschaftsgutcharakter des Firmenwerts wegen des Kriteriums der selbstständigen Bewertbarkeit nur dann erfüllt ist, wenn dieses als gesamtwertabhängige Bewertbarkeit aufgefasst wird, wird der Firmenwert wegen der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG[8] auch weiterhin als Wirtschaftsgut angesehen werden, weil eine Berufung auf die gesetzliche Regelung erfolgen wird.

 

Rz. 34

Abgesehen von den passiven Rechnungsabgrenzungsposten, die wie die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten der Erfolgsperiodisierung in genau bestimmten Fällen dienen, beinhaltet die Passivseite nicht nur Schulden bzw. negative Wirtschaftsgüter. Dazu gehören die sog. Aufwandsrückstellungen, die latenten Steuern sowie das Eigenkapital. Im Zuge des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) wurden das Passivierungswahlrecht für bestimmte Aufwandsrückstellungen[9] sowie der So...

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