Leitsatz

1. Unterhält ein Anspruchsberechtigter mehrere Betriebsstätten sowohl innerhalb als auch außerhalb des Fördergebiets, so gehören die einer Betriebsstätte im Fördergebiet nicht räumlich zugeordneten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen derjenigen Betriebsstätte, zu der die engeren Beziehungen bestehen (Fortführung der Grundsätze des BFH, Urteil vom 7.6.2000, III R 9/96, BStBl II 2000, 592).

2. Gründet ein außerhalb des Fördergebiets ansässiges Unternehmen im Fördergebiet eine Zweigniederlassung, so können die vor der Gründung angeschafften Wirtschaftsgüter dem Anlagevermögen dieser Betriebsstätte nicht nach den Grundsätzen über die Zulagenbegünstigung von vor Betriebseröffnung angeschafften Wirtschaftsgütern zugeordnet werden.

 

Normenkette

§ 12 AO , § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO , § 2 Satz 1 Nr. 6a InvZV , § 11 Abs. 1 Satz 2 InvZV

 

Sachverhalt

Die Klägerin schließt Leasingverträge über Produkte der Z AG, ihrer Muttergesellschaft, ab. Mit den Kunden tritt die Klägerin hauptsächlich über Vertragshändler in Kontakt. Mitarbeiter der Klägerin waren bereits im ersten Halbjahr 1990 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR tätig. Gleichzeitig hatte die Klägerin mit dem Aufbau eines Vertriebsnetzes im Fördergebiet begonnen, das sich schließlich auf 11 Vertragshändler stützte.

Zum 1.9.1990 mietete sie in Y (Thüringen) Büroflächen mit 29 qm an. Am 31.8.1990 bestellte sie B zum Niederlassungsleiter und erteilte ihm Handlungsvollmacht. Gleichzeitig meldete sie ihre Tätigkeit beim Gewerbeamt Y an. Ferner eröffnete sie ein Konto bei der damaligen Stadtsparkasse Y. Sie führte für die Niederlassung eine gesonderte Buchhaltung im Rahmen der von einer weiteren Niederlassung der Klägerin in G für das Stammhaus verwalteten EDV und erfasste Erlöse sowie Aufwand für die in den neuen Bundesländern entfalteten Tätigkeiten getrennt. Auf dieser Grundlage erstellte sie für die Niederlassung eine eigene Gewinn- und Verlustrechnung.

Das FA versagte letztendlich die Investitionszulage, weil die begünstigten Wirtschaftsgüter nicht zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehört hätten.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das FG teilweise statt. Der Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig, soweit er die Zulage für die bis zum 30.8.1990 angeschafften Wirtschaftsgüter betreffe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe nämlich keine Betriebsstätte im Fördergebiet bestanden. Hingegen sei die Zulage für die zwischen dem 1.9.1990 und dem 31.12.1990 angeschafften Wirtschaftsgüter zu gewähren, da die Klägerin in diesem Zeitraum in Y eine Betriebsstätte unterhalten habe. Die Wirtschaftsgüter seien auch dem Anlagevermögen dieser Betriebsstätte zuzuordnen, denn für die Zuordnung komme es ausschließlich auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang des Wirtschaftsguts mit der Betriebsstätte an.

Die Revision führte zur Zurückverweisung an das FG.

 

Entscheidung

Zu Unrecht habe das FG für die angeschafften Leasinggüter einen lediglich wirtschaftlichen Zusammenhang genügen lassen. Maßgeblich sei vielmehr, zu welcher Betriebsstätte die engeren Bindungen bestünden. Zu Recht habe das FG die Förderung von Wirtschaftsgütern vor Gründung der Betriebsstätte verneint. Die Wirtschaftsgüter seien dem Anlagevermögen und der Betriebsstätte in den alten Bundesländern zuzurechnen. Die Grundsätze seien nicht entsprechend anzuwenden, denn es bestünde keine Förderlücke.

 

Hinweis

Nach Auffassung von Verwaltung und Rechtsprechung kann auch schon für vor Betriebseröffnung angeschaffte Wirtschaftsgüter Investitionszulage gewährt werden. Dies dient dazu, die Förderung der in der Gründungsphase eines Unternehmens konzentriert anfallenden Investitionen sicherzustellen. Eine vor Betriebseröffnung eintretende Förderlücke ist jedoch bei einem bereits bestehenden Unternehmen, das lediglich zusätzliche Zweigniederlassungen in den neuen Bundesländern gründet, nicht gegeben. Solange eine Betriebsstätte im Fördergebiet nicht unterhalten wird, rechnen in diesen Fällen die angeschafften Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen und zur Betriebsstätte in den alten Bundesländern.

Dieses Risiko des Förderausfalls kann nur durch Gründung selbstständiger Unternehmen umschifft werden. Soll dieser Weg nicht gegangen werden, müssen die Wirtschaftsgüter erst nach Gründung der Betriebsstätte im Fördergebiet oder in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Eröffnung der Betriebsstätte angeschafft werden.

Werden Betriebsstätten sowohl im Fördergebiet als auch außerhalb unterhalten, sind die Wirtschaftsgüter zuzuordnen. Können sie ihrer Art nach nicht räumlich zugeordnet werden, kommt es darauf an, zu welcher Betriebsstätte die engeren Bindungen bestehen. Dies kann danach beurteilt werden, welche Betriebsstätte die Erträge aus den betreffenden Wirtschaftsgütern erwirtschaftet hat bzw. von wo aus geworben, die Verträge angebahnt, abgeschlossen, durchgeführt und bei längerfristigen Verträgen von wo aus die Betreuung vorgenommen wurde. Ein bloß wirtschaftlicher Zusammenhang genügt nicht, zumal dieser in der Regel zu m...

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