Zusammenfassung

  • Die Lücke zwischen der Verfügbarkeit von IT-Systemen und deren tatsächlichem Einsatz klafft im Einkauf besonders stark auseinander.
  • IT-Projekte im Einkauf stellen eine besondere Herausforderung an das Controlling dar, ist doch ihr Nutzen häufig nur schwer bewertbar.
  • Um die mögliche Vorteilhaftigkeit von IT-Projekten umfassend beurteilen zu können, sollten unterschiedliche Erfolgsgrößen (ROI, Amortisationsdauer und qualitative Faktoren) auf Basis einer Prozessanalyse berücksichtigt werden.
  • Im vorliegenden Beitrag wird eine Methodik zur Beurteilung von IT-Projekten am Beispiel von eSourcing- und eProcurement-Lösungen vorgestellt. Das umfasst einerseits eine empfohlene Vorgehensweise, andererseits ein Kalkulationsmodell zur Berechnung der Kosten- und Nutzeneffekte. Mit Methodik und Modell ist es möglich, eine fundierte Entscheidung für oder gegen ein IT-Investitionsvorhaben vorzubereiten.

1 Wie kann der Nutzen von IT-Projekten im Einkauf bewertet werden?

Preise und Prozesse beachten

Neben den Kosten der eingekauften Materialien und Dienstleistungen (Einstandspreis, Transportkosten, Bestandskosten etc.) sind auch die Beschaffungsprozesse selbst immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.[1] Dabei bieten insbesondere Informations- und Kommunikationstechnologien Chancen für Kosteneinsparungen und Leistungsverbesserungen.

  • Bspw. gaben fast die Hälfte einer im Zuge einer SRM[2]-Marktstudie aus dem Jahr 2006 befragten Unternehmen an, durch die Anwendung von IT im Einkauf Prozesskosteneinsparungen in der Höhe von 10 bis 25 % und Einstandspreissenkungen von 5 bis 10 % zu erwarten.[3]

  • Die Ausgabe 2009 des jährlich erhobenen Stimmungsbarometers "Elektronische Beschaffung" liefert hier neben den erwarteten auch realisierte Einsparungen: Die 188 befragten Unternehmen bestätigten, dass die tatsächlichen Einsparungen bei den Prozesskosten unter Anwendung von eAuktionen bei rund 12 % und beim Einstandspreis bei rund 17,5 % lagen. Die Anwendung von eCatalog-Lösungen kann laut den befragten Unternehmen sogar bis zu 40 % der Prozesskosten einsparen.
  • Ähnliche Ergebnisse liefert auch der eSolutions Report des BME aus dem Jahr 2013, wonach Unternehmen bis zu 30 % der Prozesskosten bei Katalogsystemen und zwischen 10 % und 20 % bei Ausschreibungslösungen und Auktionslösungen einsparen konnten – bei gleichzeitiger Reduktion der Einstandskosten.[4]

Erfolge bei Prozesskosten

Abb. 1 gibt einen Überblick über Möglichkeiten der IT-Unterstützung für strategische und operative Einkaufsaufgaben.

Erreichung der Ziele wird angezweifelt

Bei einer Betrachtung von Abb. 1 wird ersichtlich, dass es wohl nicht an den fehlenden technischen Möglichkeiten liegt, weshalb sich Unternehmen nur zaghaft an Investitionen in IT-gestützte Beschaffungslösungen heranwagen. Vielmehr scheinen sie skeptisch zu sein, ob die von Anbietern versprochenen und in den oben zitierten Studien proklamierten Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen auch tatsächlich in ihrem Unternehmen eintreten.[5] Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass versprochene und erhoffte Produktivitäts- und Rentabilitätssteigerung durch Investitionen in neue IT-Systeme und Technologie häufig nicht eingetreten sind und teilweise sogar negative Wirkungsbeziehungen zu erkennen waren.[6]

Abb. 1: IT-Einsatzmöglichkeit im Einkauf[7]

Wirtschaftlichkeit muss nachgewiesen werden

Das Fazit: Auch wenn es ein grundsätzliches Potenzial durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien gibt, so ist es für den Einzelfall stets entscheidend, das spezifische Potenzial durch die IT-Nutzung für das Unternehmen zu errechnen, um eine ausreichende und fundierte Entscheidungsgrundlage für etwaige Investitionen zu schaffen. Entscheider erwarten mehr denn je einen klaren monetären Ausweis der Wirtschaftlichkeit der (häufig von Seiten der Fachbereiche geforderten) IT-gestützten Lösungen. Und das am besten dargestellt in einer oder wenigen Kennzahlen.

Handlungsbedarf für das Controlling

Um entsprechende Abschätzungen des erwarteten Nutzens vornehmen und diese den Kosten gegenüberstellen zu können, resultiert Handlungsbedarf für die Unternehmen in den frühen Phasen des Projektmanagements, also der Projektbeurteilung und -auswahl. Während die inhaltliche Projektbeurteilung von der Fachabteilung vorgenommen werden muss, kommt dem Controlling eine wesentliche Unterstützungsaufgabe zu. Es muss an die spezifische Entscheidungssituation angepasste Werkzeuge und Methoden bereitstellen. Während der Projektlaufzeit ist dann – entsprechend dem Regelkreisgedanken des Controllings – durch eine laufende Abweichungsanalyse zu überprüfen, inwieweit geplante Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden konnten und die erwarteten Auswirkungen eingetreten sind. Bei maßgeblichen Abweichungen sind Steuerungsmaßnahmen einzuleiten.

Am Beispiel von eProcurement- und eSourcing-Lösungen wird in vorliegendem Beitrag ein Kalkulationsmodell und die dazugehörige Methodik aufgezeigt, um eine Bewertung des Nutzens und der Kosten von IT-Investitionen möglich zu machen (s. Abschnitt 4). Der empfohlene Prozessablauf wir...

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