Reicht ein Beteiligter ein Rechtsmittel zwar zu Unrecht, aber so rechtzeitig beim FG ein, dass bei einer Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang ohne Weiteres mit dem fristgerechten Eingang beim BFH gerechnet werden kann, ist ihm Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das FG die Revisionsschrift verspätet an den BFH geschickt hat.[1]

Nach einem Beschluss des BVerfG[2] ist das angegangene, für das Rechtsmittelverfahren zwar nicht zuständige, jedoch vorher selbst mit der Sache befasste Gericht aus nachwirkender Fürsorgepflicht gehalten, fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs an das (zuständige) Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Geht der Schriftsatz so rechtzeitig ein, dass eine fristgerechte Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang ohne Weiteres erwartet werden kann, wirkt sich ein Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr aus. Dabei ist es nach Ansicht des BGH[3] sogar ohne Bedeutung, wenn der Prozessbevollmächtigte den Fehler tatsächlich noch rechtzeitig bemerkt hat und daher selbst in der Lage war, durch Einreichung einer neuen, fehlerfreien (korrekt adressierten) Rechtsmittelschrift die Frist auch auf anderem Weg zu wahren.

[2] BVerfG, Beschluss v. 20.6.1995, NJW 1995 S. 3171, 3175.
[3] BGH, Urteil v. 1.12.1997, II ZR 85/97, HFR 1998 S. 687, 688.

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