Sind außer dem Absender des fristgebundenen Schriftstücks (Steuerpflichtiger, Prozessbevollmächtigter, Finanzamtsvorsteher) noch weitere Personen in den ­Geschehensablauf eingebunden, ist danach zu unterscheiden, ob es sich um einen Fall der (gesetzlichen oder gewillkürten) Vertretung handelt oder ob man sich lediglich einer Hilfsperson (z. B. eines Boten) bedient hat.

Während nämlich das Verschulden eines Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen ist, ist im Fall der Zuziehung von Hilfspersonen zur Unterstützung bei der Fristwahrung deren Verschulden dem Beteiligten grundsätzlich nicht anzulasten. Die Hinzuziehung muss aber sachgerecht sein und der Beteiligte muss die Hilfspersonen in zumutbarer Weise unterweisen und beaufsichtigen.[1] Anderenfalls kommt ein Auswahl- oder auch ein Überwachungsverschulden in Betracht.[2]

Nachdem die Grundsätze über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für das Finanzamt in gleicher Weise wie für einen Steuerpflichtigen gelten[3], schließt das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters des Finanzamts oder eines von diesem Bevollmächtigten eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.[4] Mitarbeiter des Finanzamts, die weder dessen gesetzliche Vertreter noch bevollmächtigt sind, den betreffenden ­Vorgang zu bearbeiten, sind hingegen nach der Rechtsprechung des BFH als Boten ohne eigene Entscheidungsbefugnis anzusehen. Dementsprechend ist dem Finanzamt ein etwaiges Verschulden solcher Personen nicht als ein die Wiedereinsetzung ausschließender Umstand anzurechnen.[5] Das Finanzamt muss bei einem Bearbeitungsfehler solcher Mitarbeiter lediglich glaubhaft machen, dass diese für ihre jeweiligen Aufgaben sorgfältig ausgewählt, angewiesen und überwacht worden sind. Insoweit gelten für die Arbeitsorganisation in einem Finanzamt dieselben Grundsätze wie bei einem vom Steuerpflichtigen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Steuerberater. Anders als bei einem Bearbeitungsfehler solcher Mitarbeiter kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO bei einem Bearbeitungsfehler des Amtsleiters (Vorsteher) bzw. eines Mitarbeiters, der hinsichtlich des konkreten Vorgangs bevollmächtigt ist, das Finanzamt zu vertreten, nicht gewährt werden, und zwar auch dann nicht, wenn der Betreffende sorgfältig ausgewählt, angewiesen und überwacht worden ist und sich als zuverlässig erwiesen hat, der ihm im konkreten Fall unterlaufene Fehler also einmalig ist. Denn auch der Steuerpflichtige kann sich, wenn er die Erledigung seiner Rechtsangelegenheiten anderen als seinen Vertretern überlässt, so nicht entschuldigen, sondern deren schuldhafte Bearbeitungsfehler sind ihm vielmehr stets wie eigene zuzurechnen.[6]

2.6.1 Vertreter

Ein mögliches Verschulden eines Vertreters ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.[1]

Wirksame Vertretung setzt entweder (gesetzliche) Vertretungsmacht oder (rechtsgeschäftlich erteilte) Vollmacht voraus.[2] Vom Vertreter zu unterscheiden ist der (im Gesetz nicht eigens geregelte) Bote.

Während der Vertreter eine eigene Willenserklärung im Namen des Vertretenen abgibt, überbringt der Bote lediglich eine fertige fremde Willenserklärung. Der Vertreter muss wenigstens beschränkt geschäftsfähig[3], der Bote kann auch geschäftsunfähig sein.

Ein typischer Fall der Vertretung ist das Rechtsberatungs- oder Steuerberatungsmandat. Hierbei ist ein Bevollmächtigter verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Zu dieser Organisationspflicht gehört es, eine Ausgangskontrolle zu schaffen, die ausreichende Gewähr dafür bietet, dass fristwahrende Schriftstücke nicht über den Fristablauf hinaus im Büro liegen bleiben.[4]

Dazu ist es grundsätzlich unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch (Fristenkalender oder eine vergleichbare Einrichtung) geführt wird. Im Fristenkalender muss der Fristablauf für jede einzelne Sache vermerkt sein. Die Einhaltung der Frist muss durch tägliche Einsichtnahme in den Fristenkalender gesichert werden.[5]

Die Eintragung im Kontrollbuch gewährleistet eine Überwachung der Fristensache bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Absendung des fristwahrenden Schriftstücks in einem Postausgangsbuch festgehalten wird und die Frist auf der Grundlage letzterer Eintragung gelöscht wird.[6]

Im Fall des Falles hat der Antragsteller (i. d. R. wiederum über seinen steuerlichen Vertreter) schlüssig darzulegen, welche Vorkehrungen im Büro des Prozessbevollmächtigten zur Wahrung von Rechtsmittelfrist...

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