Die Frage der Wiedereinsetzung stellt sich überhaupt nur bei gesetzlichen Fristen, also bei Fristen, deren Dauer im Gesetz bestimmt ist. Und zwar muss eine Frist versäumt worden sein, innerhalb der eine Rechtshandlung (Antragstellung, Einspruch, Klage usw.) vorzunehmen gewesen wäre.

Nach allgemein anerkannter und auch im Steuerverfahrensrecht geltender Definition sind Fristen abgegrenzte, bestimmbare Zeiträume, vor deren Ablauf eine Handlung oder ein Ereignis wirksam werden muss, um fristgerecht zu sein.[1] Mit dem Ablauf einer Frist treten regelmäßig bestimmte Rechtsfolgen ein, die zumeist in einem Rechtsverlust bestehen, der wiederum für den einen oder anderen Beteiligten naturgemäß mit nachteiligen Folgen verbunden sein kann. Während behördliche Fristen und Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen (auch rückwirkend) verlängert werden können[2], ist eine Verlängerung gesetzlicher Fristen durch die Verwaltung oder durch das Gericht ausgeschlossen. In derartigen Fällen ist stets die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu prüfen.

Nicht zu den in § 110 Abs. 1 AO genannten Fristen gehören solche, die dem Steuerpflichtigen kein bestimmtes Verhalten nahe legen und von diesem nicht durch eine entsprechende Ausrichtung seines Handelns befolgt werden können. Keine Wiedereinsetzung gibt es daher bei gesetzlichen Fristen, die von den Finanzbehörden als Verwaltungsträger im Verwaltungsverfahren zu beachten sind. Daher kommt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Fall einer abgelaufenen Festsetzungsfrist nicht in Betracht.[3]

Hat der Steuerpflichtige es unterlassen, einen Antrag auf Steuerfestsetzung bzw. einen Vergütungsantrag innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen, ist das Erlöschen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis unabweisbar. In diesem Fall kann selbst bei unverschuldeter Säumnis des Steuerpflichtigen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO mit dem Ziel einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO nicht gewährt werden.[4]

Die Normierung nicht wiedereinsetzungsfähiger Festsetzungsfristen[5] begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.[6]

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