Rz. 12

Die Wertschöpfung nimmt vorrangig Informationsaufgaben wahr. Daneben unterstützt die Wertschöpfungsrechnung das Management bei der Wahrnehmung von Dispositions- und Steuerungsaufgaben. Zudem kann die Wertschöpfung als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung oder zur Bemessung von Abgaben und Beiträgen verwendet werden. Abbildung 2 zeigt die verschiedenen Funktionen für interne und externe Adressaten auf:

 
  Interne Adressaten Externe Adressaten
Informationsaufgaben – Einkommens­verteilung

– Einkommens­verteilung

– Unternehmensgröße

– Betriebstiefe

– Gesellschafts­bezogene Berichterstattung
Dispositions- und
Steuerungsaufgaben

– Betriebs- und Unternehmens­vergleich

– globales Planungs- und Kontroll­instrument

– Unternehmens­vergleich

– Grundlage für die
wirtschaftspolitische Verteilungs­diskussion
Bemessungsgrundlage  

– Umsatzsteuer

– Soziale Abgaben

Abb. 2: Aufgaben der Wertschöpfungsrechnung

 

Rz. 13

Bei der Publikation von Wertschöpfungsrechnungen in Geschäftsberichten tritt die Informationsfunktion deutlich hervor. Diese besteht in der Berichterstattung über die Verteilung der Faktoreinkommen an die unmittelbar am Unternehmen Beteiligten (Umwelt im engeren Sinne) und bei Erweiterung um Elemente der Umwelt im weiteren Sinne in der gesellschaftsbezogenen Berichterstattung (vgl. Rz. 41 ff.). Die kombinierte Wertschöpfungsentstehungs- und -verwendungsrechnung, welche auf dem externen (Jahres-)Abschluss basiert, zeigt in aggregierter Form die quantitativen Ströme des Unternehmens gegenüber seinen Kunden (Umsatzerlöse), Lieferanten (Materialaufwendungen und sonstige Bezüge), Arbeitnehmern (Personalaufwand), Gläubigern (Zinsaufwand), Gesellschaftern (Dividende, Gewinnthesaurierung und ggf. außerhalb des Jahresergebnisses erfasste den Eigenkapitalgebern zuzurechnende Eigenkapitalveränderungen) und den Gebietskörperschaften (Steuern und Abgaben) auf. Damit erfasst sie sämtliche Beziehungen zwischen Unternehmen und denjenigen Interaktionspartnern, zu denen entweder marktmäßige oder zumindest marktähnliche Austauschbeziehungen (Umwelt I) bestehen.[1]

 

Rz. 14

Darüber hinaus gewährt die Wertschöpfung Informationen über die Unternehmensgröße sowie die Betriebstiefe (vgl. Rz. 33 ff.). Die Messung der Unternehmensgröße mittels der Wertschöpfung ist insbesondere bei Industrie- und Handelsunternehmen aussagekräftiger als mit den Umsatzerlösen, da die zur Generierung der Umsatzerlöse benötigten Vorleistungen aus dieser Kennzahl eliminiert werden und damit eine Aufblähung der Kennzahl durch einen hohen Vorleistungsanteil vermieden wird. Der Informationsnutzen der Wertschöpfung als Indikator für die Unternehmensgröße oder die Betriebstiefe ist für interne Informationsadressaten zumeist begrenzt, da diese Personengruppen zumeist über differenziertere Informationen verfügen und beispielsweise die Betriebstiefe auch differenziert nach Segmenten oder anderen organisatorischen Untereinheiten bestimmen können.

 

Rz. 15

Obwohl die Einkommensverteilung weitgehend durch Verträge und damit durch außerbetriebliche Einflussfaktoren bestimmt ist, kann die Entwicklung der Wertschöpfungsanteile für die wirtschaftspolitische Argumentation verwendet werden. Weiterhin gestattet die Wertschöpfungsrechnung globale Erfolgsplanungen und -kontrollen. Aus der Wertschöpfung abgeleitete Kennzahlen, insbesondere Wertschöpfungsrentabilitäten (vgl. Rz. 40), zeigen dem Unternehmen seine Position im Wettbewerb an. Letztgenannte Information, die einen Unternehmens- oder Betriebsvergleich zulässt, ist sowohl für interne (z. B. Handlungsalternativen innerhalb der Veredelungskette) als auch externe (z. B. Steuerung des finanziellen Engagements der Kapitalgeber) Adressaten eine wichtige Information und kann für Steuerungsaufgaben genutzt werden.

 

Rz. 16

Die aus Ein- und Auszahlungen berechnete Wertschöpfung ist Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer in einem Allphasen- und Nettobesteuerungs-System.[2] In der politischen Diskussion wurde darüber hinaus bereits mehrfach angeregt, die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung nach der Wertschöpfung anstelle der Lohn- und Gehaltssumme festzusetzen und damit die Bemessungsbasis zu verbreitern.[3] Weiterhin wurde auch erwogen, die Aufstellungs- und Publizitätspflicht des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften an die Wertschöpfung als den alleinigen Größenindikator zu binden.[4]

[1] Vgl. Kirsch, DB 1997, S. 2290.
[2] Vgl. Große/Krause/Raabe, Steuerkompendium 2: Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Umsatzsteuer, Erbschaftsteuer, 13. Aufl. 2017, S. 222; Wöhe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Band I, 1. Halbband: Die Steuern des Unternehmens – Das Besteuerungsverfahren, 6. Aufl. 1988, S. 474 ff.
[3] Vgl. Weber, Wertschöpfungsrechnung, in Wittmann, Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Bd. 3, 5. Aufl. 1993, Rz. 4669.
[4] Vgl. Kirsch, DB 1997, S. 2290 f.

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