3.6.1 Sonderbegriff des Steuerrechts

 

Rz. 50

Steuerrechtlich sind die Wertpapiere zu bilanzieren, die dem Kaufmann wirtschaftlich zuzurechnen sind und zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehören.

 

Rz. 51

Betriebsvermögen ist ein Sonderbegriff des Steuerrechts, der in § 4 Abs. 1 EStG umschrieben ist. Es bestehen zum handelsrechtlichen Begriff des Geschäftsvermögens[1] entscheidende Unterschiede. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz wird daher durch die steuerrechtliche Spezialvorschrift für das Betriebsvermögen durchbrochen.[2]

 

Rz. 52

Das ist insbesondere für die Frage von Bedeutung, welche Vermögensgegenstände zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören. Nicht alle zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft und damit zu deren handelsrechtlichem Geschäftsvermögen zählenden Vermögensgegenstände rechnen auch zum steuerrechtlichen Betriebsvermögen. Auf der anderen Seite können auch zum Privatvermögen der Gesellschafter gehörende Vermögensgegenstände zum steuerrechtlichen Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft gehören.

 

Rz. 53

Wertpapiere können nach ihrer Wesensart begrifflich sowohl zum Betriebsvermögen als auch zum Privatvermögen gehören. Ihre Nutzung für den Betrieb oder für private Zwecke ist nicht eindeutig zuzuordnen. Es handelt sich um so genannte neutrale Wirtschaftsgüter. Zum notwendigen Betriebsvermögen werden sie nur ausnahmsweise rechnen. Dagegen kommt gewillkürtes Betriebsvermögen häufig in Betracht.[3]

[1] S. Rz. 46.
[3] Zur Abgrenzung vgl. auch "Betriebsvermögen/Privatvermögen".

3.6.2 Notwendiges Betriebsvermögen

3.6.2.1 Voraussetzungen

 

Rz. 54

Wertpapiere, die ausschließlich und unmittelbar dem Betrieb dienen, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen. Sie müssen in dem Betrieb eine für dessen Fortführung unerlässliche Funktion haben.

Verkörpern Wertpapiere keine Beteiligung,[1] sind sie i. d. R. kein notwendiges Betriebsvermögen. Ausnahmen bestehen z. B. bei Wertpapiergeschäften eines Bankiers.[2]

[1] S. Rz. 55 ff.
[2] Wied, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4 EStG Rz. 358, Stand: 11/2019.

3.6.2.2 Beteiligungen

 

Rz. 55

Eine Beteiligung an einer Personengesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen im Rahmen der Personengesellschaft, da Personengesellschaften keine Privatsphäre haben. Das zivilrechtliche Gesamthandsvermögen der Gesellschaft kann jedoch steuerrechtliches Privatvermögen der Gesellschafter enthalten.[2]

 

Rz. 56

Eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kann bei einem Gesellschafter notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen oder auch Privatvermögen sein. Sie gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die Anschaffung betrieblich veranlasst war. Das ist der Fall, wenn die Beteiligung nach ihrer Art und nach der tatsächlichen Betriebsführung besonderes Gewicht für die Betriebsführung hat und der Stärkung der betrieblichen Position dient. Normale Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen als Lieferant, Abnehmer, Kreditgeber, Schuldner, Bürge, Verpächter oder Pächter einzelner Wirtschaftsgüter oder die organisatorische oder finanzielle Unterstützung oder Zusammenarbeit reichen aber in der Regel nicht für die Annahme notwendigen Betriebsvermögens aus.[3]

 
Praxis-Beispiel

Notwendiges Betriebsvermögen:

  • Beteiligung eines Produktionsunternehmens an einer Vertriebsgesellschaft, die Erzeugnisse des Produktionsunternehmens vertreibt. Beteiligung eines Organträgers an einer Organgesellschaft.
  • Beteiligung des Besitzunternehmens am Betriebsunternehmen (Betriebsaufspaltung).
  • Beteiligung des Kommanditisten einer typischen GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH.
 

Rz. 57

Zum notwendigen Betriebsvermögen kann eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft auch dann gehören, wenn sie weit weniger als 20 % des Nennkapitals beträgt. So wurde die Beteiligung eines Bauhandwerkers an einer Bau-GmbH in Höhe von 12,5 % des Stammkapitals zum notwendigen Betriebsvermögen des Handwerkers gerechnet, weil die Bau-GmbH dem Bauhandwerker Aufträge in einem Umfang erteilte, sodass von einem sog. Stammkunden gesprochen werden konnte.[4]

[1] S. Rz. 17 ff.
[2] Bode, in Kirchhoff, EStG, 17. Aufl. 2018, § 4 EStG Rz. 83.
[3] Wied, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4 EStG Rz. 413, Stand: 11/2019.

3.6.2.3 Nicht zu Beteiligungen verdichtete Wertpapiere

 

Rz. 58

Wertpapiere, die keine Beteiligungen verkörpern, gehören i. d. R. nicht zum notwendigen Betriebsvermögen, da sie nicht wesentlich für die Betriebsführung sind.

 

Rz. 59

In der Regel haben sie auch dann noch nicht eine für den Betrieb unerlässliche Funktion, wenn sie für einen Betriebskredit verpfändet werden.[1]

Wertpapiere können aber durch Verpfändung gewillkürtes Betriebsvermögen werden.[2]

3.6.2.4 Handel mit Wertpapieren

 

Rz. 60

Aus der Art und Durchführung des Handels mit Wertpapieren kann auf deren Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen oder Privatvermögen geschlossen werden.

Ob der An- und Verkauf von Wertpapieren als (private) Vermögensverwaltung oder als eine gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist,...

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