Leitsatz

Das zum Entfallen der sog. Wegzugsbesteuerung führende Merkmal der "nur vorübergehenden Abwesenheit" in § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG ist unabhängig von einer "Rückkehrabsicht" erfüllt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens von fünf Jahren nach dem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 3 Satz 1 AStG, § 17 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger zog unter Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes zum 1.3.2014 in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Dort bezog er eine Eigentumswohnung; bis zum 31.12.2015 verfügte er im Inland weder über einen Wohnsitz, noch hatte er dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Zum Zeitpunkt seines Wegzugs war der Kläger an verschiedenen Kapitalgesellschaften mit inländischem Sitz beteiligt.

Am 24.12.2013 hatte der Kläger mit seiner Mutter einen Leihvertrag über die Nutzung der ihm gehörenden Liegenschaft in Z (Inland, A-Str. 87) geschlossen und am 24.2.2014 einen weiteren Leihvertrag über die Liegenschaft in Z (B-Str. 2) mit seinen beiden minderjährigen Kindern, die bei Abschluss des Leihvertrages von ihrer Mutter, der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers, vertreten wurden (diese Liegenschaft wurde später mit Vertrag vom 29.9.2015 mit Wirkung zum 31.12.2015 unentgeltlich auf seinen Sohn übertragen).

Am 4.6.2014 schloss der Kläger mit der T-GmbH eine Vereinbarung über die Abfindung einer Pensionszusage durch Einmalzahlung i.H.v. … EUR. Seine Geschäftsanteile an der N-GmbH und an der T-GmbH veräußerte der Kläger mit notariellem Vertrag vom 20.10.2014 an PT mit Wirkung zum 1.1.2014 (Kaufpreis Beteiligung N-GmbH: … EUR; T-GmbH: … EUR).

Mit Schreiben vom 29.12.2015 reichte der Kläger seine ESt-Erklärung für das Jahr 2014 (Streitjahr) nach den Maßgaben beschränkter Steuerpflicht i.S.d. § 1 Abs. 4 EStG ein. In einem gesonderten Anschreiben vom selben Tag erläuterte er, dass seine unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland zum 31.12.2013 beendet worden sei. Dabei gehe es aber nur um eine vorübergehende Abwesenheit i.S.d. § 6 Abs. 3 AStG, da er ab dem 1.1.2016 seinen Wohnsitz wieder nach Deutschland verlegen werde. Tatsächlich war der Kläger ab dem 1.1.2016 unter der Anschrift "Z, B‐Str. 2" gemeldet; zum 19.12.2016 meldete er sich aus Deutschland in die VAE ab, zum 1.8.2017 meldete er den Rückzug aus den VAE nach Deutschland unter der Anschrift "Z, B‐Str. 2" an.

Das FA sah hingegen für das Streitjahr die Voraussetzungen unbeschränkter Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG) als erfüllt an; auf dieser Grundlage fehlende Anlagen zur Steuererklärung wurden vom Kläger mit Schreiben vom 1.6.2016 nachgereicht. In der Steuererklärung wurden Einkünfte aus VuV aus einem Objekt C‐Str. 1 in Y – Inland – (./. … EUR) erklärt ("vorweggenommene Werbungskosten": Schuldzinsen, Grundbesitzabgaben und Aufwendungen für Zeitungsannoncen). Bei diesem Objekt handelt es sich um ein unbebautes Grundstück, das im Jahr 2013 vom Kläger erworben und anschließend von ihm mit drei Reihenhäusern bebaut worden war (Fertigstellung am 1.6.2015, Vermietung seit dem 1.7.2015, 1.8.2015 bzw. 1.9.2015). Nach den Rechnungsbelegen zu den Zeitungsannoncen bezog sich der Anzeigentext auf eine Veräußerung der Häuser (Rubrik "VK RH/DHH").

Mit notariellen Urkunden vom 10.3.2016 übertrug der Kläger seine Geschäftsanteile an der S-GmbH, der B-GmbH und der J-GmbH mit Wirkung zum 1.1.2016 unentgeltlich auf seinen Bruder PL. In § 5 der jeweiligen Urkunde war vorgesehen, dass alle Gewinnvorträge aus Vorjahren und der noch zu ermittelnde Gewinn des Jahres 2015 dem Abtretenden zustehen sollten und von diesem entnommen werden konnten. Die Gesellschafterversammlung der K-GmbH beschloss die Auflösung der Gesellschaft (Eintragung am 4.1.2016 in das Handelsregister). Am 10.3.2016 beschloss die Gesellschafterversammlung u.a. die Fortsetzung der Gesellschaft und die Änderung der Firma in "G N-GmbH". Einzige Gesellschafterin der G N-GmbH ist nach der Gesellschafterliste die SL-Stiftung, auf die der Geschäftsanteil des Klägers mit Abtretungsvertrag vom 6.2.2018 übertragen wurde. Gesellschafterin der L-GmbH ist nach der Gesellschafterliste neben OH, SI und TC ebenfalls die SL-Stiftung, auf die der Geschäftsanteil mit Abtretungsvertrag vom 6.2.2018 übertragen wurde.

Telefonisch teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem FA mit, dass sich der Kläger im Jahr 2016 in der Weise in Deutschland aufhalte, dass er als unbeschränkt steuerpflichtig anzusehen sei (Wohnsitzverlegung). Im Jahr 2016 werde die Abwicklung seines Vermögens betrieben, damit der Wohnsitz (nach derzeitiger Planung) zum 1.1.2017 wieder nach X (und dann dauerhaft) verlegt werden könne.

Der Kläger legte gegenüber dem FA ergänzend dar, dass die Abmeldung unter Aufgabe des Wohnsitzes im Inland zum 1.3.2014 und die Registrierung im Zuzugsstaat (VAE) zum 4.3.2014 erfolgt sei. Vom 1.3.2014 bis zum 31.12.2015 habe in X der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gelegen. Die Wohnung in Z (B‐Str. 2) sei im Zeitrau...

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