Leitsatz

Das FG des Landes Sachsen-Anhalt entschied, dass eine KG mit ihrem gewerblichen Grundstückshandel bereits dann sachlich gewerbesteuerpflichtig wird, wenn sie die ersten Immobiliengeschäfte lediglich vorbereitet (z. B. durch Maklerkontakte und Besichtigungen). Gewerbesteuerliche Verluste können demnach noch vor dem ersten Immobilienerwerb abgezogen werden.

 

Sachverhalt

Geklagt hatte eine zum 11.1.2011 gegründete Kommanditgesellschaft (KG), deren Zweck der gewerbliche Grundstückshandel war. Nachdem sich ihre Geschäftstätigkeit zunächst auf die Emission von Genussrechten beschränkt hatte (zur künftigen Finanzierung ihrer Immobiliengeschäfte), beauftragte sie im März 2012 ein Maklerbüro mit der Suche nach passenden Kaufobjekten, nahm im April 2012 an Besichtigungen teil und erwarb schließlich im Juni 2012 ihre ersten Mehrfamilienhäuser.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die KG für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 (vom 1.6.2011 bis 31.5.2012) noch keinen Gewerbebetrieb unterhalten hatte und deshalb keinen vortragsfähigen Gewerbeverlust geltend machen konnte. Die erzielten Verluste von rund einer Million Euro seien gewerbesteuerlich auszuklammern, da bloße Vorbereitungshandlungen noch nicht den Beginn der Gewerbesteuerpflicht begründen könnten.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust in beantragter Höhe festzustellen war, da bereits im Wirtschaftsjahr 2011/2012 von einer sachlichen Gewerbesteuerpflicht der Gesellschaft auszugehen war.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung beginnt ein Gewerbebetrieb im Falle eines gewerblichen Grundstückshandels, wenn Tätigkeiten einsetzen, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der Grundstücksgeschäfte gerichtet sind. Das Finanzamt war zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Gewerbesteuerpflicht nicht vor dem Erwerb des ersten Grundstücks beginnen kann.

Die KG hatte zu Recht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu sogenannten "Errichtungsfällen" und zur sogenannten "Ein-Schiff-Gesellschaft" hingewiesen, aus der abgeleitet werden kann, dass sich ein Grundstückshändler bereits dann am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, wenn er Kontakt zu Immobilienmaklern aufnimmt, an Wohnungsbesichtigungen teilnimmt, Kaufvertragsverhandlungen durchführt und diese Verhandlungen dann zeitnah zum Abschluss bringt. Diese Vorbereitungshandlungen, die im Entscheidungsfall bereits im März 2012 begonnen hatten, markierten somit den Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht.

 

Hinweis

Weiter wies das FG darauf hin, dass die erfolgte verzinsliche Anlage von eingesammeltem Genussrechtskapital vor dem ersten Immobilienkauf nicht als eigener Gewerbebetrieb gewertet werden kann, der losgelöst vom gewerblichen Grundstückshandel existiert. Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 23.05.2019, 1 K 462/15

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