Rechtsanwalt R ist als Unternehmer grundsätzlich zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG berechtigt. Zum Rahmen seiner einheitlichen unternehmerischen Tätigkeit gehört auch die Vermietungstätigkeit. Ob der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1aAbs. 2 UStG eingeschränkt ist, richtet sich nach der Art seiner Ausgangsumsätze.

R vermietet die Räume, sodass hier sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 Satz 1 und Satz 2 UStG vorliegen, der Ort der Leistung ist nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a UStG dort, wo das Grundstück liegt ("Belegenheitsprinzip"). Da der Ort der Leistung in Köln ist, führt dies zu steuerbaren Umsätzen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die Vermietung ist aber eine grundsätzlich steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG. Allerdings konnte R bei der Vermietung an die anderen Unternehmer zulässigerweise nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG auf die Steuerfreiheit der Umsätze verzichten (Option zur Umsatzsteuer). Voraussetzung ist, dass der Mieter die Räume als Unternehmer für sein Unternehmen nutzt[1] und dass der Mieter für diese Räume zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.[2]

 
Praxis-Tipp

Baujahr des Gebäudes entscheidet über Voraussetzungen für die Option

Bei Gebäuden, bei denen vor dem 11.11.1993 mit dem Bau begonnen wurde und die auch vor dem 1.1.1998 fertig gestellt wurden, ist nicht erforderlich, dass der die Mietleistung empfangende Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.[3] Dies gilt unabhängig davon, wann der Unternehmer das Gebäude erworben hat oder wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde.

Im vorliegenden Fall ist mit dem Bau erst ab dem 11.11.1993 begonnen worden, sodass die Option von der Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers abhängig ist.

Soweit möglich, müssen Eingangsleistungen einer bestimmten Ausgangsleistung zugeordnet werden. Nur wenn keine direkte Zuordnung zu einer Ausgangsleistung möglich ist, muss der Vorsteuerbetrag aufgeteilt werden.[4]

 
Wichtig

Kostenart entscheidet über Vorgehensweise bei der Vorsteueraufteilung

Bei der Vorsteueraufteilung muss grundsätzlich unterschieden werden, ob es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder um laufende Aufwendungen (Instandsetzungskosten, Bewirtschaftungskosten oder Verwaltungskosten) handelt. Anschaffungs- oder Herstellungskosten (auch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten) sind immer einheitlich aufzuteilen (sog "Eintopftheorie") – eine Vorwegzurechnung von einzelnen Baukosten zu einer bestimmten Einheit findet nicht statt.[5] Bei den laufenden Aufwendungen muss hingegen immer zuerst geprüft werden, ob eine direkte Zurechnung zu einer bestimmten Einheit erfolgen kann. Nur wenn keine Zurechnung zu einer bestimmten Einheit möglich ist, erfolgt eine Vorsteueraufteilung ("Zuordnung geht vor Aufteilung").[6]

Die Elektroarbeiten in der an den Steuerberater S steuerpflichtig vermieteten Einheit sind direkt zuzuordnen und schließen den Vorsteuerabzug wegen der steuerpflichtigen Vermietung nicht aus. Die aus dieser Eingangsleistung resultierenden 950 EUR Umsatzsteuer sind in vollem Umfang abzugsfähig.

Die Instandsetzungsarbeiten an der Klingelanlage und an dem Dach sind keiner Vermietungsleistung direkt zuzuordnen. Sie stehen damit sowohl im Zusammenhang mit steuerfreier Vermietung an Wohnungsmieter, die den Vorsteuerabzug ausschließt[7], wie auch mit steuerpflichtiger Vermietung an die Gewerbemieter, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Die Vorsteueraufteilung erfolgt in 2023 nach § 15 Abs. 4 UStG nach dem Verhältnis der Nutzflächen, sodass R 60 % der ihm berechneten Vorsteuerbeträge in seinen Voranmeldungen abziehen kann. Dies sind 2.280 EUR (3.800 EUR × 0,6) aus der Rechnung des Dachdeckers und 798 EUR (1.330 EUR × 0,6) aus der Rechnung für die Klingelanlage. Die Erstattung der Versicherung für den Schaden an dem Dach ist für R ein nicht steuerbarer Schadensersatz, der keine Auswirkungen auf die Vorsteuerabzugsberechtigung für die Instandsetzung des Daches hat.[8]

Da die geplante Verwendung in 2023 mit der tatsächlichen Verwendung identisch ist, ergibt sich für 2023 für die Instandsetzungsarbeiten keine Notwendigkeit für eine Vorsteuerberichtigung.

 
Wichtig

Vorsteueraufteilung auch im Verhältnis der Ausgangsumsätze möglich

Es war lange umstritten, ob eine Vorsteueraufteilung nur nach einem Flächenschlüssel oder auch nach einem Umsatzschlüssel erfolgen kann. Im Regelfall ist eine Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel für den Unternehmer vorteilhafter. Der BFH[9] hat dazu allerdings festgestellt, dass Vorsteuerbeträge dann nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen sind, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen. Da im vorliegenden Fall die Ausstattung der einzelnen Gebäudeteile vergleichbar sein soll, ist (weiterhin) der Flächenschlüssel der maßgebliche Aufteilungsmaßstab.

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