Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH[1] ging es um die umsatzsteuerliche Behandlung von Ausbaumaßnahmen an einer öffentlichen Gemeindestraße, die der Erfüllung einer behördlichen Auflage dienen. Insbesondere stellte sich die Frage, ob die auf Eingangsleistungen im Rahmen der Ausbaumaßnahmen an einer öffentlichen Gemeindestraße entfallende Umsatzsteuer den Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bejahendenfalls stand zu entscheiden, ob die zur Erfüllung einer behördlichen Auflage vorgenommenen Ausbaumaßnahmen an der Gemeindestraße eine entgeltliche Lieferung darstellen, wobei die Genehmigung des Betriebs eines Steinbruchs unter dieser Auflage als Gegenleistung anzusehen ist. Falls diese Frage wiederum verneint würde, war weiter fraglich, ob die unentgeltliche Übertragung der öffentlich gewidmeten Straße an die Gemeinde einer entgeltlichen Lieferung von Gegenständen gleichgestellt wird.

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob Ausbaumaßnahmen an einer öffentlichen Gemeindestraße durch die Klägerin zu einer unentgeltlichen Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG an eine straßenbaulastpflichtige Stadt B führen. Dies würde für die Klägerin nach Abschn. 15.15 Abs. 1 UStAE zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen. In seinem Vorlagebeschluss führte der BFH aus, dass der Klägerin nach nationalem Recht kein Vorsteuerabzug aus den bezogenen Eingangsleistungen zustehe, weil diese im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit, nämlich der unentgeltlichen Lieferung der Straßenausbaumaßnahme an die Stadt B, stünden. Der BFH zweifelte jedoch in mehrfacher Hinsicht an der Vereinbarkeit dieser auf das nationale Recht gestützten Auffassung mit Unionsrecht.

Bei der 1. Vorlagefrage ging es dem BFH um einen etwaigen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung. Der Sachverhalt zeichnete sich dadurch aus, dass die Ausbaumaßnahmen ausschließlich den betrieblichen Belangen der Klägerin dienten und unerlässlich für den Betrieb der Steuerpflichtigen waren. Da der EuGH in seinen Entscheidungen in den Rechtssachen "Iberdrola"[2] und "Sveda"[3] den unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Eingangsleistung und den besteuerten Ausgangsleistungen sehr weit gefasst hat, hielt es der BFH für möglich, dass im Ausgangsfall der unmittelbare Zusammenhang zwar nicht mit der unentgeltlichen Zuwendung der Ausbaumaßnahme an die Stadt B, sondern mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Steuerpflichtigen bestand.

Bezüglich seiner 2. Vorlagefrage hielt der BFH es unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil Iberdrola und die Ausführungen der Generalanwältin Kokott in ihrem Schlussantrag für nicht völlig zweifelsfrei, ob unionsrechtlich ein tauschähnlicher Umsatz zwischen der Ausbaumaßnahme an der öffentlichen Gemeindestraße und der Genehmigung des Regierungspräsidiums zum Neuaufschluss und Betrieb eines Steinbruchs anzunehmen ist.

Sollte im Ausgangsfall eine unentgeltliche Lieferung anzunehmen gewesen sein, unterläge diese grundsätzlich auch dann der Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG, wenn sie aus unternehmerischen Gründen erfolgt. Zu klären war durch die 3. Vorlagefrage des BFH allerdings, ob dies auch dann gilt, wenn der Zuwendungsempfänger den Vermögensvorteil nicht für "private" Zwecke, sondern für den öffentlichen Straßenverkehr nutzt.

 

Entscheidung

Zur 1. Vorlagefrage hat der EuGH entschieden, dass der Unternehmer ein Recht auf Abzug der Vorsteuer für die zugunsten einer Gemeinde durchgeführten Arbeiten zum Ausbau einer Gemeindestraße hat, wenn diese Straße sowohl von dem Unternehmer selbst im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit als auch von der Öffentlichkeit benutzt wird, soweit diese Ausbauarbeiten nicht über das hinausgingen, was erforderlich war, um es dem Unternehmer zu ermöglichen, seine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, und ihre Kosten im Preis der von dem Unternehmer getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind.

Der EuGH hat ausgehend von seiner Sveda-Rechtsprechung ausgeführt, dass es zwar zutrifft, dass es in einem Fall, in dem die von einem Steuerpflichtigen erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen für Umsätze verwendet werden, die nicht in den Anwendungsbereich der MwSt fallen, weder zur Erhebung der Steuer auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen kann. In diesen Fällen ist der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den Eingangskosten und den anschließenden wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen unterbrochen. Allerdings war dies im vorliegenden Fall, dass die Öffentlichkeit auf der in Rede stehenden Gemeindestraße kostenlos fahren kann, irrelevant. Denn die Arbeiten zum Ausbau der Straße wurden nicht für die Bedürfnisse der betreffenden Gemeinde oder des öffentlichen Verkehrs durchgeführt, sondern um die Gemeindestraße an den Schwerlastverkehr anzupassen, der vom Betrieb des Kalksteinbruchs durch die Klägerin hervorgerufen wird. Außerdem wurde diese Straße in der Fo...

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