Überblick

Die OFD Niedersachsen nimmt zu verschiedenen Formen der vorsorglich ausgeübten Option im Rahmen von Immobilientransaktionen Stellung. Eine lediglich bedingte Option kann danach ins Leere laufen, wenn die Bedingung erst nach Eintritt der formellen Bestandskraft des jeweiligen Steuerbescheids erfüllt ist.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Überträgt ein Unternehmer sein Unternehmen oder einen Teilbetrieb, liegt nach § 1 Abs. 1a UStG eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor. Der Erwerber tritt in die Rechtsposition des Veräußerers. Eine solche Geschäftsveräußerung kann auch bei der Übertragung von Immobilien vorliegen, wenn es sich um ein oder mehrere vermietete Immobilien handelt. Bei einem vermieteten Objekt führt der Erwerber das Vermietungsunternehmern des Veräußerers fort.

In der Praxis ist es zum Teil fraglich, ob die Voraussetzungen der nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegen. Da Verkaufsvorgänge regelmäßig auch zeitnah realisiert werden sollen, ergibt sich oftmals nicht die Möglichkeit der Einholung einer verbindlichen Auskunft. Da bei einem steuerbaren Verkauf eines Grundstücks – soweit keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt – der Vorgang unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt, würde sich eine steuerfreie Lieferung des Grundstücks nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ergeben.

Wichtig

Die steuerfreie Veräußerung des Grundstücks könnte bei dem Verkäufer eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG auslösen. Dies betrifft nicht nur die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes oder nachträgliche Herstellungskosten, sondern auch größere Instandsetzungsmaßnahmen an dem Objekt[1]. Der Berichtigungszeitraum beträgt 10 Jahre.

Grundsätzlich kann der Verkäufer des Grundstücks bei dem Verkauf des Grundstücks auf die Steuerbefreiung verzichten. Voraussetzung ist, dass der Käufer ein Unternehmer ist, der das Grundstück für sein Unternehmen erwirbt[2] und dass der Verkäufer schon in dem notariellen Kaufvertrag auf die Steuerbefreiung verzichtet[3].

Wichtig

Verzichtet der Verkäufer auf die Steuerbefreiung, wird immer der Erwerber zum Steuerschuldner für die entstehende Umsatzsteuer[4].

Ist es unsicher, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt, wird häufig in notariellen Kaufverträgen eine vorsorgliche Option ausgesprochen, damit in den Fällen, in denen die Finanzverwaltung später von einer steuerbaren Veräußerung ausgeht, keine Vorsteuerberichtigung ausgelöst wird.

Die Finanzverwaltung hatte 2010[5] zur Anwendung der Rechtsprechung des BFH[6] festgelegt, dass der Verzicht auf Steuerbefreiung (Option) nur bis zur formellen Bestandskraft möglich ist.

Praxis-Tipp

Formelle Bestandskraft liegt vor, wenn der Steuerbescheid nicht mehr mit einem Rechtsbehelf angefochten werden kann. Bei der Umsatzsteuererklärung tritt die formelle Bestandskraft regelmäßig einen Monat nach Abgabe der Erklärung ein. Der Vorbehalt der Nachprüfung hemmt nicht die formelle Bestandskraft.

Die Verfügung der OFD Niedersachsen

Die OFD Niedersachsen nimmt in der Verfügung zur Art der vorsorglich ausgeübten Option in einem notariellen Kaufvertrag Stellung. Dabei muss zwischen der bedingten und der unbedingten Option unterschieden werden. Bei einer bedingten Option wird nach Verwaltungsauffassung der Verzicht erst dann erklärt, wenn die Finanzverwaltung feststellt, dass keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt. Zu diesem Zeitpunkt ist regelmäßig die formelle Bestandskraft aber schon eingetreten.

Praxis-Beispiel

Unternehmer U verkauft 2007 ein Grundstück. Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass eine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegt. Da bei einem steuerbaren und nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreien Verkauf eine Vorsteuerberichtigung zulasten des U vorgenommen werden müsste, erklärt U in dem notariellen Kaufvertrag vorsorglich Folgendes: "Für den Fall, dass die Finanzverwaltung das Vorliegen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung endgültig verneinen sollte, wird auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a i. V. m. § 9 UStG verzichtet." Die Umsatzsteuererklärung für 2007 wird von U in 2008 abgegeben. Nach einer Betriebsprüfung in 2012 wird von der zuständigen Finanzverwaltung in 2013 endgültig entschieden, dass keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine "bedingte" Option vor, bei der die Option erst dann erklärt wird, wenn die Finanzverwaltung feststellt, dass keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt – hier erst 2013. Da die formelle Bestandskraft für die Veranlagung 2007 eingetreten ist, geht die Option ins Leere, der Grundstücksverkauf in 2007 ist steuerbar und nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei. Als Rechtsfolge ergibt sich die Vorsteuerberichtigung zulasten des U.

Hinweis

Da sich in solchen Fällen regelmäßig erst nach mehreren Jahren endgültig herausstellt, dass keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vorliegt und sich dann eine Vorsteuerberichtigung ergibt, wird de...

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