Zu den Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Beiträgen zum Aufbau einer privaten Basisversorgung im Alter als Sonderausgaben gehört, dass die Beiträge nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Aufwendungen stehen.[1] Dies bezieht sich nicht auf den steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, wenn dieser mit steuerpflichtigem Arbeitslohn in Zusammenhang steht.

Etwas anderes gilt, wenn ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und den Beiträgen anzunehmen ist, weil die Einnahmen und die Beiträge durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige ein nach § 3 Nr. 1a EStG steuerfreies Verletztengeld nach §§ 45 ff. SGB VII erhält und auf diese Zahlung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erhoben werden. Gleiches gilt für ein steuerfreies Krankengeld.[2] Hier können die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs mit den steuerfreien Einnahmen nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden.[3] Vergleichbares gilt z. B., soweit der Steuerpflichtige einen nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfreien Zuschuss zu seiner Basisrente oder Krankengeld[4] erhält. Ein Abzugsverbot besteht somit, wenn ein Steuerpflichtiger steuerfreie Einnahmen erzielt und dieser Tatbestand gleichzeitig Pflichtbeiträge für Vorsorgeaufwendungen auslöst, d. h. die steuerfreien Einnahmen verpflichtend der Finanzierung der Vorsorgeaufwendungen dienen. Die mit der Verausgabung der Pflichtbeiträge verbundene Minderung der Leistungsfähigkeit wird durch den Bezug der steuerfreien Einnahmen aufgefangen. Dies gilt auch für in Deutschland ansässige Arbeitnehmer internationaler Organisationen. Ist der Arbeitslohn aufgrund einer Vereinbarung Deutschlands mit dieser Organisation bundesgesetzlich von der deutschen Einkommensteuer befreit, können die damit zusammenhängenden Vorsorgebeiträge an das Sozialversicherungssystem der internationalen Organisation nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.[5]

Diese Abzugsbeschränkung tritt jedoch nicht ein, wenn freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mit steuerfreien Einnahmen im Zusammenhang stehen, weil kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den steuerfreien Einnahmen und den freiwilligen Beiträgen besteht.[6]

Der EuGH[7] hat entschieden, dass die unionsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit dem Sonderausgabenabzugsverbot des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG entgegensteht, nach dem Beiträge eines in Deutschland wohnenden und für die Verwaltung des französischen Staats tätigen Arbeitnehmers zur französischen Altersvorsorge und Krankenversicherung – anders als vergleichbare Beiträge eines in Deutschland tätigen Arbeitnehmers zur deutschen Sozialversicherung – die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nicht mindern, wenn der Arbeitslohn nach dem DBA in Deutschland nicht besteuert werden darf. Mit dem UStAVermG v. 11.12.2018[8] hat der Gesetzgeber hierauf reagiert und § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG entsprechend angepasst. Demnach sind Vorsorgeaufwendungen i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG zu berücksichtigen, soweit

  • sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit stehen. Dies gilt auch im Verhältnis zur Schweiz.[9] Seit dem 29.12.2020 ist dies im § 10 Abs. 2 EStG entsprechend gesetzlich geregelt.[10] Außerdem hat der BFH entschieden, dass die Sonderregelung auch für Vorsorgeaufwendungen gilt, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus einer freiberuflichen Tätigkeit in einem EU/EWR Staat stehen.[11]
  • diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
  • der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen vorsieht, die mit den steuerfreien ausländischen Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Trotz des eindeutigen Wortlauts, der eine Ausnahme vom Abzugsverbot nur für diejenigen Einnahmen vorsieht, die im Beschäftigungsstaat solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit sind, kommt der BFH[12] jedoch zu einem anderen Ergebnis. Nach seiner Auffassung muss die Ausnahme vom Ausschluss des Sonderausgabenabzugs auch dann Anwendung finden, wenn ein Steuerpflichtiger im Beschäftigungsstaat keine nach einem DBA steuerfrei gestellten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit, sondern solche aus einer dortigen gesetzlichen Rentenversicherung erzielt, die Ausfluss einer früheren Arbeitnehmertätigkeit im Beschäftigungsstaat sind. Dies gebiete die Arbeitnehmerfreizügigkeit gem. Art. 45 AEUV, die von den Gerichten als unmittelbar geltendes Recht zu beachten sei.[13]

    Für die Frage, ob der Beschäftigungsstaat nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. c EStG „...

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