Bei Fertigungsbetrieben werden Produktions- und Absatzmenge in einem Geschäftsjahr nie übereinstimmen. Wenn nicht alle der im laufenden Geschäftsjahr hergestellten Produkte verkauft werden, liegt eine Bestandsmehrung vor. Wurden mehr Produkte verkauft als im selben Jahr hergestellt, durch Verkauf auch aus Lagerbeständen, liegt eine Bestandsminderung vor. Die Mehr- und Minderbestände müssen zwingend in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigt werden. Bestandsveränderungen ergeben sich auch durch Wertminderungen der hergestellten Erzeugnisse.

3.1 Ermittlung der Herstellungskosten der Erzeugnisse

Sowohl im Handelsrecht[1] wie auch im Steuerrecht[2] zählen folgende Kosten zwingend zu den Herstellungskosten:

  1. Materialeinzelkosten
  2. Fertigungseinzelkosten
  3. Sondereinzelkosten der Fertigung
  4. Materialgemeinkosten
  5. Fertigungsgemeinkosten
  6. Wertverzehr des der Fertigung dienenden Anlagevermögens

Für folgende Kosten gilt im Handelsrecht ein Aktivierungswahlrecht und im Steuerrecht ebenfalls ein Aktivierungswahlrecht:[3]

  1. Angemessene Kosten der allgemeinen Verwaltung, wie z. B. Aufwendungen für Geschäftsleitung, Einkauf und Wareneingang, Betriebsrat, Personalbüro, Nachrichten-, Ausbildungs-, Rechnungswesen;[4]
  2. angemessener Aufwand für soziale Einrichtungen, wie z. B. Aufwendungen für Kantine, einschließlich der Essenszuschüsse sowie für Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer;[5]
  3. angemessener Aufwand für freiwillige soziale Leistungen, wie z. B. Jubiläumsgeschenke, Wohnungs- und andere freiwillige Beihilfen, Weihnachtszuwendungen oder Aufwendungen für die Beteiligung der Arbeitnehmer am Ergebnis des Unternehmens;[6]
  4. angemessener Aufwand für betriebliche Altersversorgung, wie z. B. Beiträge an Direktversicherungen und Pensionsfonds, Zuwendungen an Pensions- und Unterstützungskassen sowie Zuführungen zu Pensionsrückstellungen.[7]

Die Daten entnimmt der Unternehmer aus der Kosten- und Leistungsrechnung aufgrund der Kostenstellenrechnung mittels Betriebsabrechnungsbogen. Der Betriebsprüfer wird diese Unterlagen bei Zweifeln an der Bewertung zur Einsicht verlangen.[8]

3.2 Jährliche körperliche Bestandsaufnahme

Erforderlich ist zunächst eine ordnungsgemäße, mengenmäßige Bestandsaufnahme der fertigen und unfertigen Erzeugnisse. Diese muss mindestens einmal jährlich erfolgen.[1] Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Wirtschaftsgüter sind gleichartig, wenn es sich bei diesen um eine gleichartige Warengattung handelt oder sie funktionsgleich sind.[2]

 
Praxis-Beispiel

Fensterbauer stellt 2 Arten von Fenstern her

Ein Fensterbauer stellt Fenster mit Kunststoffrahmen und Holzrahmen her. Bei der Bestandsaufnahme kann er zwei große Gruppen bilden. Sind die Fenster aber auch hinsichtlich der Verglasung unterschiedlich, z. B. Doppel- und Einfachverglasung, empfiehlt sich eine zusätzliche Unterteilung der Gruppen. Die Herstellungskosten sind allein wegen des Glasverbrauchs verschieden hoch.

[1] §§ 238 Abs. 1, 240 – 242 HGB; § 141 AO, zuletzt geändert durch G. v. 2.6.2021, BGBl 2021 I S. 1259.

3.3 Bewertung zum Bilanzstichtag

Vorratsvermögen muss grundsätzlich einzeln bewertet werden. Die Herstellungskosten[1] sind die Obergrenze. Im Handelsrecht sind nach § 256 HGB zulässig:

  • die Lifo-Methode, "last in – first out" und
  • die Fifo-Methode, "first in – first out".

3.3.1 Steuerrechtlich ist die Lifo-Methode zulässig

Die steuerliche Bewertung des Vorratsvermögens unter Anwendung der Lifo-Methode setzt voraus, dass sie den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, d. h., wenn die am Schluss des Wirtschaftsjahres vorhandenen Wirtschaftsgüter mengenmäßig vollständig erfasst sind und die Anwendung der Lifo-Methode nach den betriebsindividuellen Verhältnissen zu einer Vereinfachung bei der Bewertung des Vorratsvermögens führt.

§ 6 Nr. 2a EStG enthält eine Ausnahme vom Einzelbewertungsgrundsatz. Zu diesem Zweck wird für den Wertansatz des Vorratsvermögens unterstellt, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert werden, soweit dies den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht. Einer weiteren Prüfung, ob eine Durchbrechung dieses Einzelbewertungsgrundsatzes zulässig ist, bedarf es daher nicht. Die weitere Voraussetzung der Entsprechung mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verlangt nur, dass die Bewertung des Vorratsvermögens nach dem Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsgrundsatz zu einer Bewertungsvereinfachung führt.[1]

3.3.2 Bei Abweichung von Handels- und steuerbilanziellem Ansatz sind besondere Aufzeichnungen zu führen

Die Anwendung der Lifo-Methode setzt nicht vora...

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