Die Bestandteile der Herstellungskosten sind in § 255 Abs. 23 HGB abschließend aufgezählt. Das Gesetz unterscheidet zwischen

  • Aufwendungen, die zu den Herstellungskosten gehören (Einzelkosten und bestimmte Gemeinkosten gem. § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB),
  • Aufwendungen, die in die Herstellungskosten einbezogen werden dürfen (bestimmte Gemeinkosten gem. § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB), und
  • Fremdkapitalzinsen, die zwar nicht zu den Herstellungskosten gehören, aber als solche angesetzt werden dürfen (§ 255 Abs. 3 HGB).

Für die in § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB bezeichneten Gemeinkosten erkennt § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG[1] das handelsrechtliche Wahlrecht unter Beachtung des Maßgeblichkeitsprinzips für die Steuerbilanz an.[2] Mit der Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG hat der Gesetzgeber die steuerliche Einbeziehung dieser Gemeinkosten klargestellt. Ein dem Maßgeblichkeitsprinzip unterliegendes Wahlrecht hatte zuvor auch die Finanzverwaltung anerkannt.[3]

Sie setzte insoweit die mit EStÄR 2012[4] in R 6.3 Abs. 1 EStR angelegte Einbeziehungspflicht aus. Für Fremdkapitalzinsen besteht ebenfalls ein an den Maßgeblichkeitsgrundsatz gebundenes Einbeziehungswahlrecht.[5]

 
Kostenart     Handelsbilanz
§ 255 Abs. 23 HGB
Steuerbilanz
R 6.3 EStR i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG
Materialeinzelkosten     Pflicht Pflicht
Fertigungseinzelkosten     Pflicht Pflicht
Sondereinzelkosten der
Fertigung
    Pflicht Pflicht
Materialgemeinkosten Sachliche Restriktion: angemessene Teile   Pflicht Pflicht
Fertigungsgemeinkosten Pflicht Pflicht
Fertigungsbedingter Wertverzehr des AV Pflicht Pflicht
Kosten der allgemeinen Verwaltung Zeitliche Restriktion: soweit auf den Zeitraum der Herstellung entfallend Wahlrecht Wahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG)
Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs Wahlrecht Wahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG)
Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen Wahlrecht Wahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG)
Aufwendungen für betriebliche Altersversorgung Wahlrecht Wahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG)
Fremdkapitalzinsen zur Finanzierung der Herstellung   Wahlrecht Wahlrecht
Forschungskosten     Verbot Verbot
Vertriebskosten     Verbot Verbot

Tab. 1: Herstellungskostenbestandteile nach Handels- und Steuerbilanzrecht

An die Einrechnungsfähigkeit der Gemeinkosten nach § 255 Abs. 2 Satz 2, 3 HGB sowie der Fremdkapitalzinsen sind weitere Voraussetzungen geknüpft.[6] Im Einzelnen müssen

  • die aktivierten Gemeinkosten sowie der eingerechnete Wertverzehr angemessen sein und
  • sämtliche in Ausübung eines gesetzlichen Wahlrechts aktivierten Kosten auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, die in R 6.3 Abs. 1 EStR angelegte Forderung, nur notwendige Material- und Fertigungsgemeinkosten in die Herstellungskosten einzurechnen, begründet keine zusätzliche Restriktion, sondern bekräftigt lediglich die bereits im Angemessenheitsprinzip angelegte Begrenzung auf die dem Grunde nach werthaltigen Kostenelemente.[7]

Als Ausdruck des Vorsichtsprinzips dürfen nach dem Angemessenheitsprinzip[8] nur tatsächlich für die Herstellung angefallene Gemeinkosten auf die erzeugten Produkte verrechnet werden. Auszusondern sind damit

  • betriebsfremde Aufwendungen, die in keiner Beziehung zur betrieblichen Leistungserstellung stehen (z. B. Spenden),
  • außerordentliche Aufwendungen, die zwar bei der Erstellung von Betriebsleistungen angefallen sind, aber aufgrund ihrer Außergewöhnlichkeit nicht zu den Selbstkosten rechnen (z. B. Verluste aus Anlagenverkäufen, Wertverzehr aufgrund von Katastrophen), und
  • periodenfremde Aufwendungen, die ihrem Wesen nach, nicht aber hinsichtlich ihres zeitlichen Anfalls kostengleich sind (z. B. Nachholung von Pensionsrückstellungen).

Ebenfalls auszugrenzen sind Unterbeschäftigungskosten (Leerkosten). Sie entstehen durch ungenutzte und unausgelastete Kapazitäten. Aufwendungen für Anlagen, die nicht für die Produktion von Gütern genutzt wurden und keine notwendigen Reservekapazitäten darstellen, dürfen nicht aktiviert werden. Statt der bei Unterauslastung angefallenen Aufwendungen ist der Herstellungskostenermittlung jener Wertverzehr zugrunde zu legen, der sich bei normalen Beschäftigungsverhältnissen ergibt. Im Ergebnis verlangt das Angemessenheitsprinzip damit eine Zurechnung von Gemeinkosten, die gängigen betriebswirtschaftlichen Kostenrechnungsgrundsätzen genügt.[9] Vermieden werden soll einerseits eine Überbewertung infolge der Umlage dem Grunde nach nicht wertbestimmender Aufwendungen sowie andererseits eine willkürliche Kostenschlüsselung.

 
Praxis-Tipp

Ermittlung eliminierungspflichtiger Leerkosten

Die Ermittlung der eliminierungspflichtigen Leerkosten erweist sich in der Praxis vielfach als schwierig und ermessensbehaftet. Allgemein wird ihre Abspaltung nur bei dauerhafter und offenkundiger Unterauslastung der Kapazitäten gefordert. Das betrifft v.a. Kosten nicht eingesetzter oder als Reservekapazität vorgehaltener Anlagen sowie nicht nur durch kurzfristige Beschäftigungsschwankungen hervorgerufene Leerkosten. Um im letzten Fall die bei normal...

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