Leitsatz

Ein Bauunternehmer verweigerte die Bezahlung einer Restforderung für die Lieferung von Pflaster- und Bordsteinen, da sich nach Lieferung herausstellte, dass sie nicht frostsicher waren. Die bereits verarbeiteten Steine mussten daher nochmals ausgetauscht werden. Hierdurch entstand dem Bauunternehmer ein erheblicher Schaden , mit dem er gegen die Restforderung des Lieferanten aufrechnete . Der Lieferant verteidigte sich gegen die geltend gemachte Aufrechnung u. a. damit, dass der Unternehmer den Mangel nicht rechtzeitig gerügt habe (§ 377 HGB). Da die Vorschriften über die unverzügliche Rügepflicht aber nur gelten, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft ist, d. h., wenn beide Vertragspartner Kaufleute sind, hatte der BGH zu prüfen, ob auch der Bauunternehmer als → Kaufmann im Sinne des HGB tätig geworden ist. Der BGH verneinte dies, denn die von dem Lieferanten bezogenen Steine waren ausschließlich für eine typische Bauhandwerkerleistung bestimmt. Ein Bauhandwerker ist jedoch (nach der bis zum 30. 6. 1998 geltenden Fassung des HGB) i. d. R. kein Kaufmann, weil im Vordergrund seiner Tätigkeit eine Werkleistung steht. Soweit er lediglich Baustoffe für eine von ihm zu erbringende Handwerkerleistung kauft, betreibt er kein Handelsgewerbe (nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 HGB a. F.). Auch wenn der Unternehmer neben seiner Handwerkstätigkeit noch einen Baustoffhandel betrieben hätte, wäre er ebenfalls nur dann als Kaufmann anzusehen, wenn der Warenhandel für das Unternehmen charakteristisch und nennenswert ist, d. h., wenn das Gesamtbild des Unternehmens durch den Handel geprägt wird.

Beispiel: Ein Baumarkt bietet im Rahmen des Kundenservice auch Handwerkerleistungen an. Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob der Lieferant zum Schadensersatz verpflichtende Zusicherungen gemacht hat, wurde der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 02.06.1999, VIII ZR 220/98

Anmerkung

Anmerkung: Vorliegender Fall wurde unter Zugrundelegung des HGB a. F. entschieden, da das der Entscheidung zugrunde liegende Vertragsverhältnis vor diesem Zeitpunkt begründet wurde. Nach der Neufassung des HGB ist für die Kaufmannseigenschaft lediglich das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs erforderlich, es sei denn, dieser erfordert nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (s. § 1 HGB n. F.). Die Kaufmannseigenschaft liegt somit immer dann vor, wenn der Betrieb infolge der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit, wie Vielfalt der Erzeugnisse und Leistungen, die vollkaufmännische Betriebsführung, d. h. vor allem eine kaufmännische Buchführung und Bilanzierung, erfordert. Ein kleiner Handwerksbetrieb (Familienunternehmen) wird daher wohl auch nach den neuen Regeln nicht als Kaufmann im Sinne des HGB anzusehen sein, es sei denn, der Betrieb ist in das Handelsregister eingetragen (s. § 2 HGB n. F.).

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