Rz. 694

Bei einer klassischen GmbH & Co. KG, bei der neben der Komplementär-GmbH keine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist, besteht die Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist (§ 15a Abs. 1 Satz 2 InsO). Der Antrag ist ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft zu stellen. Als organschaftlicher Vertreter der Komplementär- GmbH sind die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH verpflichtet, den Insolvenzantrag zu stellen. Den Fall einer doppelstöckigen GmbH & Co. KG (vgl. Rn. 30) behandelt § 15a Abs. 2 InsO.

 

Rz. 695

Außerdem dürfen die Geschäftsführer im Fall der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft grundsätzlich keine Zahlungen aus dem Vermögen der KG leisten, §§ 130a Abs. 2, 177a HGB. Erlaubt sind nur noch solche Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Gemeint sind damit in erster Linie Zahlungen, die für eine geordnete Abwicklung des Insolvenzverfahrens erforderlich sind. Maßstab für die Prüfung, ob eine Zahlung des Geschäftsführers mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar ist, sind nicht allein die allgemeinen Verhaltenspflichten des Geschäftsführers, sondern insbesondere auch der Zweck des § 130a Abs. 2 HGB, Masseverkürzungen der insolvenzreifen Gesellschaft und eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gesellschaftsgläubiger zu verhindern.[1] Entsprechendes gilt auch für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese erst zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten (§ 130a Abs. 1 Satz 3 HGB).

 

Rz. 696

Verstößt ein Geschäftsführer gegen die ihm in § 15a Abs. 1, 2 InsO., §§ 130a Abs. 1, 177a HGB auferlegten Pflichten, ist er der KG zum Schadenersatz verpflichtet, §§ 130a Abs. 2 Satz 1, 177a HGB. Ist es streitig, ob ein Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt hat, trifft ihn die Beweislast, §§ 130a Abs. 2 Satz 2, 177a HGB. Seine Ersatzpflicht entfällt selbst dann nicht, wenn er auf Beschluss der Gesellschafter gehandelt hat, § 130a Abs. 2 Satz 4 HGB. Da § 15a InsO[2] als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen ist,[3] steht den geschädigten Gesellschaftsgläubigern auch ein unmittelbarer Schadenersatzanspruch gegen die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu.[4]

 

Rz. 697

Außerdem erfüllt ein Geschäftsführer einen Straftatbestand gemäß § 15a Abs. 4, 5 InsO, wenn er es entgegen § 15a Abs. 1 InsO unterlässt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Eine schuldhafte Verletzung der Antragspflicht kann mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, § 15a Abs. 4 InsO.

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 8.1.2001, II ZR 88/94, DStR 2001 S. 175 ff.
[2] Dazu Poertzgen, ZInsO 2007, S. 574 ff.
[3] Vgl. BGH, Urteil v. 16.12.1958, VI ZR 245/57, BGHZ 29 S. 100 zur entsprechenden Vorschrift § 64 Abs. 1 GmbHG; BGH, Urteil v. 9.7.1979, II ZR 118/77, BGHZ 75 S. 96 (106) zur entsprechenden Vorschrift § 92 Abs. 2 AktG.
[4] Baumbach/Hopt, § 130a Rn. 11.

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