Rz. 1486

Aufgabe der Liquidatoren ist es (§ 70 Satz 1 1. Hs. GmbHG),

  • die laufenden Geschäfte zu beenden,
  • die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen,
  • die Forderungen derselben einzuziehen und
  • das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen.

Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren nach § 70 Satz 2 GmbHG auch neue Geschäfte eingehen. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus sind neue Geschäfte insoweit zulässig, als sie objektiv dem Abwicklungszweck dienen und subjektiv zu diesem Zweck vorgenommen werden.[1] Der Liquidationszweck kann sogar die befristete Fortführung der werbenden Tätigkeit bedingen, wenn z. B. das Unternehmen im Ganzen veräußert werden soll.[2]

 

Rz. 1487

Nach § 65 Abs. 2 GmbHG haben die Liquidatoren die Auflösung in den Gesellschaftsblättern (also jedenfalls im elektronischen Bundesanzeiger, § 12 Satz 1 GmbHG) bekanntzumachen und dabei die Gläubiger der abzuwickelnden Gesellschaft aufzufordern, sich bei der Gesellschaft zu melden. Dieser Aufruf ist seit Inkrafttreten des ARUG nur noch einmal bekannt zu machen. Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist zu hinterlegen. Kann eine Verbindlichkeit nicht beglichen werden oder ist sie streitig, so muss dem Gläubiger vor der Verteilung Sicherheit geleistet werden (§ 73 Abs. 2 GmbHG).

 

Beispiel für Bekanntmachung der Auflösung:

Muster VIII, 3

 

Rz. 1488

Sollte das Vermögen nicht ausreichen, können die Gesellschafter das Kapital erhöhen oder andere Einlagen leisten. Wenn das Vermögen oder die Liquidität nicht ausreicht, ist andernfalls Insolvenzantrag nach den allgemeinen Bestimmungen zu stellen (§ 15a InsO).

 

Rz. 1489

Erst nach Begleichung oder Sicherstellung der Verbindlichkeiten und ein Jahr nach der Bekanntmachung der Gläubigeraufforderung dürfen die Liquidatoren ein nach Berichtigung der Schulden noch verbliebenes Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter verteilen (vgl. §§ 72, 73 Abs. 1 GmbHG). Verteilungsmaßstab ist das Verhältnis ihrer Beteiligung, § 72 GmbHG. Wenn nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile vorhanden sind, werden erst die geleisteten Einlagen erstattet, bevor ein Überschuss nach dem Verhältnis der Nennbeträge der Geschäftsanteile verteilt wird. Sollte das Vermögen der Gesellschaft zur Erstattung der Einlagen nicht ausreichen, tragen die Gesellschafter den Verlust nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung; soweit erforderlich, sind die noch ausstehenden Einlagen einzuziehen.

 

Rz. 1490

Wird ein Gläubiger einer liquidierten GmbH bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens pflichtwidrig übergangen, stellt sich die Frage nach der Haftung des Liquidators. Der BGH[3] hat entgegen der wohl h. M. einen Anspruch des Gläubigers gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 73 Abs. 3 GmbHG verneint, da es sich bei § 73 Abs. 3 GmbHG nicht um ein Schutzgesetz handeln soll;[4] ein unmittelbarer Anspruch gegen den Liquidator ergebe sich aber bis zur Höhe der verteilten Beträge aus einer analogen Anwendung der §§ 268 Abs. 2, 93 Abs. 5 AktG. Das ist jedenfalls der Fall, wenn die Gesellschaft bereits im Handelsregister gelöscht ist und lediglich ein Gläubiger vorhanden ist. Um das Haftungsrisiko zu vermeiden, ist dem Liquidator zu raten, die Liquidation nicht vor Tilgung oder Sicherstellung der Schulden der GmbH und vor allem nicht vor Ende des Sperrjahrs nach § 73 Abs. 1 GmbHG abzuschließen.[5]

[1] Haas, in Baumbach/Hueck, § 70 Rn. 10 m. w. N.
[2] Altmeppen, in Roth/Altmeppen, § 70 Rn. 6; Kleindiek, in Lutter/Hommelhoff, § 70 Rn. 4.
[4] So auch H. F. Müller, in MüKo-GmbHG, § 73 Rn 43 f.; zur Gegenansicht s. Gesell, in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 73 Rn 29 m. w. N.
[5] Schulteis, GWR 2018, S. 270.

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