Rz. 596

Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person eines Gesellschafters können die übrigen Gesellschafter auf Ausschließung des missliebigen Gesellschafters klagen (§§ 140, 161 Abs. 2 HGB). Die Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes sind sehr hoch. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn ein Verbleiben des Gesellschafters die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder den übrigen Gesellschaftern nicht zumutbar ist. Ob eine solche Situation gegeben ist, ist anhand der konkreten Umstände und unter Abwägung aller Interessen zu prüfen. Persönliche Spannungen und gesellschaftsbezogene Meinungsverschiedenheiten können die Ausschließung eines Kommanditisten aus der Gesellschaft nur in besonders schwerwiegenden Fällen rechtfertigen.[1]

 

Rz. 597

Verstößt die Komplementär-GmbH in schwerwiegender Weise gegen die gesellschaftsvertragliche Zuständigkeitsverteilung oder gegen ihre Informationspflicht, kann sie aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Eine solche Ausschließung ist um so eher möglich, wenn die Komplementär-GmbH am Vermögen der KG nicht beteiligt ist.[2]

Anstelle der gesetzlich vorgesehenen schwerfälligen und langwierigen Ausschließungsklage gegen einen Gesellschafter (§§ 140, 161 Abs. 2 HGB) wird in der Praxis häufig im Gesellschaftsvertrag der KG eine Klausel aufgenommen, die die Ausschließung eines Gesellschafters gegen seinen Willen per Gesellschafterbeschluss ermöglicht.[3]

Eine Klausel, die die Ausschließung eines Gesellschafters in das freie Ermessen der Mehrheitsgesellschafter stellt, ist nach der neueren – gefestigten – Rechtsprechung grundsätzlich nichtig wegen Verstoßes gegen "die allgemeinen Grundsätze der Rechtsordnung (§ 138 BGB) und die Grundprinzipien des Gesellschaftsrechts".[4]

Eine derartige Hinauskündigungsklausel begründet die Gefahr, dass Gesellschafter aus sachfremden Gründen ausgeschlossen werden. Außerdem birgt sie das Risiko, dass Minderheitsgesellschafter in eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gebracht werden, die über den Rahmen des rechtlich und sittlich Erlaubten (§ 138 BGB) hinausgeht.[5] Denn gesellschaftsvertragliche Regelungen, die die Beteiligung derart frei entziehbar gestalten, beeinträchtigen erheblich die Entschließungs- und Entscheidungsfreiheit der Minderheitsgesellschafter.[6] Auch wenn der ausgeschlossene Gesellschafter eine Abfindung zu beanspruchen hat, die im Wesentlichen dem vollen Wert seiner Beteiligung entspricht, bleibt es bei der Unzulässigkeit derartiger Hinauskündigungsklauseln aus oben genannten Gründen.[7] Dies gilt nach derRechtsprechung auch für den Fall, dass in einer neben dem Gesellschaftsvertrag getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarung eine zum selben Ergebnis führende Abmachung getroffen wird.[8] Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine Hinauskündigungsklausel jedoch den Gesellschaftern das Recht geben, den Ausschluss eines Gesellschafters bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu erklären, wenn die Auslegung des Gesellschaftsvertrages ergibt, dass dies die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit der Hinauskündigungsklausel vereinbart hätten.[9]

Der Grundsatz der Unzulässigkeit einer solchen Hinauskündigungsklausel gilt aber nicht ausnahmslos: Ein an keine Voraussetzungen geknüpftes Ausschlussrecht ist vielmehr wirksam, wenn es wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist.[10] In der Rechtsprechung der letzten Jahre haben sich hierzu einige Fallgruppen ausgebildet, bei denen eine sachliche Rechtfertigung in diesem Sinne angenommen wird.[11]

Das soll etwa dann der Fall sein, wenn ein neuer Gesellschafter in eine seit langer Zeit bestehende Sozietät von Freiberuflern aufgenommen wird und das Ausschließungsrecht allein dazu dient, den Altgesellschaftern binnen einer angemessenen Frist die Prüfung zu ermöglichen, ob zu dem neuen Partner das notwendige Vertrauen hergestellt werden kann.[12] Eine Prüfungsfrist von zehn Jahren ist dabei als deutlich zu weitgehend betrachtet worden. Nach dem BGH ist es aber möglich, im Wege der geltungserhaltenden Reduktion die entsprechende Vereinbarung auf einen angemessenen Zeitraum, der im konkreten Fall mit drei Jahren angegeben worden ist, zu beschränken.[13] Weitere wichtige Fälle der Zulässigkeit einer Hinauskündigungsklausel in diesem Sinne sind die der Anknüpfung an den Tod eines Mitgesellschafters,[14] die durch die Testierfreiheit des Erblassers legitimierte Anordnung eines Hinauskündigungsrecht der Mitgesellschafter[15] oder Fälle, bei denen der Berechtigte wegen enger persönlicher Beziehungen die volle Finanzierung der Gesellschaft übernimmt.[16] Kontrovers sind die Meinungen darüber, inwieweit die Rechtsprechung des BGH[17] zur Zulässigkeit des sog. Managermodells bei einer GmbH auf die KG übertragen werden kann.[18] Nach diesem Modell wird dem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Geschäftsführerstellung eine Minderheitsbeteiligung eingeräumt, für die er nur ein Entgelt in Höhe des Nennwerts zu zahlen hat und die er bei Beendigu...

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