Rz. 1282

 

Beispiel Vereinfachte Kapitalherabsetzung:

Muster VI, 4.2

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 58a ff. GmbHG) dient dem Ausgleich von Wertminderungen oder der Deckung sonstiger Verluste und kommt in Sanierungsfällen zum Einsatz. Häufig wird sie mit einer effektiven Kapitalerhöhung kombiniert ("Kapitalschnitt"): die Kapitalherabsetzung beseitigt – unter Beteiligung der Gesellschafter an den Verlusten der Gesellschaft – die bestehende Unterbilanz; die Kapitalerhöhung führt sodann der Gesellschaft das benötigte, frische Kapital zu, ohne dass dieses sogleich zur Verlustdeckung eingesetzt werden muss. Bei der Verbindung von Kapitalherabsetzung und -erhöhung finden §§ 58a ff. und die §§ 55ff. GmbHG nebeneinander Anwendung.

 

Rz. 1283

Bei der Kombination mit einer gleichzeitig in einem separaten Beschluss in der gleichen Gesellschafterversammlung beschlossenen effektiven Kapitalerhöhung ohne Sacheinlagen darf das Mindeststammkapital von 25.000 EUR – anders als bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung – durch die Kapitalherabsetzung unterschritten werden (§ 58a Abs. 4 GmbHG). Häufig kommt es zur Herabsetzung des Stammkapitals auf Null. Hierdurch erlöschen die Anteile, wenn nicht die Eigentümer diese Anteile in der darauffolgenden Kapitalerhöhung wieder aufstocken.[1] Pfandrechte erlöschen freilich.[2]

 

Rz. 1284

Zu beachten ist, dass es sich um eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen handeln muss. Doch gilt dieses Erfordernis nur für den Teil des Erhöhungsbetrags, der zur Erreichung des Mindeststammkapitals erforderlich ist. Soweit das Stammkapital über das Mindeststammkapital hinaus erhöht werden soll, können insoweit auch Sacheinlagen vorgesehen werden.[3]

 

Rz. 1285

Bei der Kapitalerhöhung haben die Gesellschafter ein Bezugsrecht nach ihrer jeweiligen Beteiligung am ursprünglichen Stammkapital.[4] Ein Bezugsrechtsausschluss ist nach den allgemeinen Regeln (siehe Rn. 1202 ff.) zulässig.[5]

 

Rz. 1286

Ein Risiko der Kombination der Kapitalherabsetzung unter den Mindestnennbetrag von 25.000 EUR und der Kapitalerhöhung liegt darin, dass die Beschlüsse nichtig werden, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen wurden (§ 58a Abs. 4 Satz 2 GmbHG). Diese Frist wird gehemmt, solange eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage rechtshängig ist (§ 58a Abs. 4 Satz 3 GmbHG). Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Sacheinlagen für den Mindestnennbetrag übersteigenden Teil des neuen Stammkapitals vorgesehen sind – dort besteht die Gefahr, dass wegen der Anforderung von Werthaltigkeitsnachweisen durch das Registergericht die Frist überschritten wird.[6]

 

Vor- und Nachteile vereinfachter Kapitalherabsetzung

Der Vorteil einer vereinfachten Kapitalherabsetzung gegenüber einer ordentlichen Kapitalherabsetzung liegt darin, dass ein Abwarten während eines Sperrjahres und die Befriedigung und Sicherstellung von Gläubigern nicht erforderlich ist (bei bestehender Unterbilanz verstießen die Zahlungen bzw. Sicherheitsleistungen teils ohnehin gegen § 30 GmbHG). Ihr Nachteil kann darin zu sehen sein, dass Zahlungen an die Gesellschafter im Zusammenhang mit der vereinfachten Kapitalherabsetzung unzulässig sind.

[1] Rühland, in BeckOK-GmbHG, § 58a Rn. 38 ff.
[2] Rühland, in BeckOK-GmbHG, § 58a Rn. 38.
[3] LG Kiel, Urteil v. 18.1.2013, 16 O 4/12, GmbHR 2013 S. 363; Waldner, in Michalski, § 58a Rn. 19; Priester, in Scholz, § 58a Rn. 40; Zöllner/Haas, in Baumbach/Hueck, § 58a Rn. 34; Roth, in Roth/Altmeppen, § 58a Rn. 19; Lutter/Kleindiek, in Lutter/Hommelhoff, § 58a Rn. 24.
[4] Priester, in Scholz, § 58a Rn. 41; Zöllner/Haas, in Baumbach/Hueck, § 58a Rn. 35. Ob das Bezugsrecht teilweise ausgeübt werden kann, ist umstritten. In der AG ist dies der Fall laut BGH, Urteil v. 5.7.1999, II ZR 126/98, NJW 1999 S. 3197. Diese Rechtsprechung ist auf die GmbH nicht zu übertragen nach BGH, Urteil v. 18.4.2005, II ZR 151/03, NZG 2005 S. 551; Vetter, in MüKo-GmbHG, § 58a Rn. 100 ff.; Waldner, in Michalski, § 58a Rn. 19; a. A. Scholz/Priester, Rn. 41 f.; Zöllner/Haas, in Baumbach/Hueck, § 58a Rn. 35.
[5] Vetter, in MüKo-GmbHG, § 58a Rn. 99; Gummert, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 58a GmbHG Rn. 15.
[6] Waldner, in Michalski, § 58a Rn. 19; Priester, in Scholz, § 58a Rn. 40; Fabis, in MittRhNotK 1999, S. 170, 189.

3.2.1 Voraussetzungen

 

Rz. 1287

Die vereinfachte Kapitalerhöhung ist nur zum Zweck der Deckung von Verlusten (dabei insbesondere zum Ausgleich von Wertminderungen des Aktivvermögens) zulässig (§ 58a Abs. 1 GmbHG). Nicht zulässig ist es, wenn einziger Zweck der Kapitalherabsetzung beispielsweise der Erlass offener Einlageforderungen oder – anders als im Aktienrecht nach § 229 Abs. 1 AktG – die Zuführung in die Kapitalrücklage (eine Sonderregelung dazu enthält § 58b Abs. 2 GmbHG) ist.[1]

 

Rz. 1288

Voraussetzung für eine vereinfachte Kapitalerhöhung ist außerdem, dass die Kapital- und Gewinnrücklagen (§§ 266 Abs. 3 A.II., A.III. 272 Abs. 2, Abs. 3 HGB) aufgelöst wurden, die zusammen 10 % des nach der Herabsetzung verbleibenden Sta...

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