Leitsatz

Wurden Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) in eine Genossenschaft umgewandelt und haben frühere LPG-Mitglieder im Jahr 1993 auf einen Teil ihrer gegen die Genossenschaft gerichteten Auseinandersetzungsguthaben (§ 44 LwAnpG) gegen Zahlung des Restbetrags verzichtet, so führt der darin liegende Forderungserlass nicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn der Genossenschaft.

 

Normenkette

§ 31, § 34 Abs. 1 Nr. 1, § 44 LwAnpG, § 36 Abs. 1, 3 und 4, § 37 Abs. 4, § 50 Abs. 3 DMBilG

 

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten darüber, wie sich der teilweise Verzicht auf ein gegen die Klägerin gerichtetes Auseinandersetzungsguthaben auf die Besteuerung der Klägerin auswirkt.

Die Klägerin, eine Agrargenossenschaft, war aus Teilen mehrerer Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) hervorgegangen und zum 1.7.1991 entstanden. Ihr Wirtschaftsjahr dauert vom 1.7. bis zum 30.6. In ihrer auf den 1.7.1991 erstellten Eröffnungsbilanz hatte sie ein unstrukturiertes Eigenkapital von ca. 4,4 Mio. DM ausgewiesen. Dazu wurde in den Erläuterungen zur Bilanz zum 30.6.1991 mitgeteilt, dass die endgültige Festsetzung des Eigenkapitals noch nicht erfolgt sei.

In ihrer Bilanz zum 30.6.1992 wies die Klägerin Auseinandersetzungsguthaben ausgeschiedener LPG-Mitglieder i.H.v. ca. 2,3 Mio. DM als Verbindlichkeiten aus. Die betreffenden Guthaben, deren Höhe im Jahr 1992 durch Verträge mit den einzelnen Gläubigern festgestellt worden war, sollten ab 1996 ratierlich beglichen werden. Die Klägerin hatte den Guthabenbetrag erfolgsneutral vom Eigenkapital auf das Konto Verbindlichkeiten umgebucht und in ihrer Gliederungsrechnung den Vorgang als Abgang beim verwendbaren Eigenkapital (vEK) i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1991 (EK 04) berücksichtigt.

Im September und Oktober 1993 vereinbarte die Klägerin mit 25 der ausgeschiedenen LPG-Mitgliedern eine vorzeitige Auszahlung von 35 % der jeweiligen Auseinandersetzungsguthaben gegen Verzicht auf den Restbetrag. Die Summe derjenigen Beträge, auf die die einzelnen Gläubiger verzichteten, belief sich auf ca. 320.650 DM. Die Klägerin behandelte diesen Vorgang wiederum erfolgsneutral durch Passivtausch; den Verzichtsbetrag stellte sie in ihrer Bilanz zum 30.6.1994 in die gesetzliche Rücklage ein. In der Gliederungsrechnung erhöhte sie entsprechend das EK 04.

Das FA ging davon aus, dass die Verminderung der Verbindlichkeit infolge der Barabfindungsvereinbarung Gewinn erhöhend zu berücksichtigen sei. Der hierdurch entstandene Gewinn sei nicht gem. § 67 des DDR-Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) steuerbefreit. Dementsprechend habe die zuständige Landwirtschaftsbehörde die Erteilung einer Bescheinigung i.S.d. § 67 Abs. 2 LwAnpG bestandskräftig abgelehnt. Das FA setzte deshalb bei der Besteuerung der Klägerin für das Streitjahr (1994) ein entsprechend erhöhtes Einkommen und im Feststellungsbescheid auf den 30.6.1994 ein vermindertes EK 04 an.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, der Verzicht der früheren LPG-Mitglieder auf einen Teil ihrer Auseinandersetzungsguthaben sei ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang, der das Einkommen der Klägerin nicht berühre und gliederungsrechtlich beim EK 04 zu erfassen sei.

 

Entscheidung

Der BFH hielt das für richtig. Einzelheiten lassen sich – in groben Zügen – den Praxis-Hinweisen entnehmen.

 

Hinweis

Das Urteil betrifft einen sehr besonderen Sachverhalt im Bereich der (auslaufenden) Sonderbesteuerung in den neuen Bundesländern und hierbei des DMBilG:

1. Danach ist, wenn in der Eröffnungsbilanz eines im Beitrittsgebiet ansässigen buchführungspflichtigen Unternehmens (§ 1 DMBilG) Schulden zu Unrecht oder mit einem wesentlich zu hohen Wert angesetzt worden sind und sich dies bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse ergibt, der Wertansatz in der späteren Bilanz zu berichtigen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 DMBilG). Dasselbe gilt, wenn eine in der Eröffnungsbilanz berücksichtigte Schuld erlassen worden ist (§ 36 Abs. 3 Satz 3 DMBilG).

In beiden Fällen gilt zugleich die Eröffnungsbilanz als geändert (§ 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG), was wiederum zu einer Berichtigung der steuerlichen Eröffnungsbilanz führt (§ 50 Abs. 3 Satz 1 DMBilG). Diese Grundsätze sind im Grundsatz letztmals auf Jahresabschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die im Jahr 1994 enden (§ 36 Abs. 4 Satz 2 DMBilG).

2. Innerhalb dieser zeitlichen Grenze ist deshalb im Anwendungsbereich des DMBilG der Erlass einer in der Eröffnungsbilanz berücksichtigten Verbindlichkeit kein Gewinn erhöhender Vorgang. Er wirkt vielmehr auf die steuerliche Eröffnungsbilanz zurück, so dass die durch ihn bewirkte Erhöhung des Betriebsvermögens sich außerhalb des erfolgswirksamen Bereichs vollzieht. Das gilt unabhängig davon, ob der Erlass nach den hierzu entwickelten allgemeinen Grundsätzen als verdeckte Einlage anzusehen ist oder nicht.

3. Vor diesem Hintergrund hat der BFH eine Entlastung von Verbindlichkeiten, die auf dem Gesetz über Altschuldenhilfen für kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaft...

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