In Fällen, in denen Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr (also u. a. ESt-Erklärungen) oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums oder bei Vorabanforderungen[1] nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt abgegeben wurden, ist nach § 152 Abs. 2 AO ein Verspätungszuschlag (ohne Ermessensentscheidung) festzusetzen.
Unerheblich ist, ob ein "Beraterfall"[2] vorliegt oder der Steuerpflichtige seine Steuererklärung selbst erstellt. Ebenso wenig spielt eine Rolle, aus welchen Gründen die Frist versäumt wurde.
Nach § 152 Abs. 3 AO unterbleibt ausnahmsweise trotz Fristüberschreitung die Festsetzung eines Verspätungszuschlags bei
- (rückwirkender) Fristverlängerung, auch rückwirkend.
- Steuerfestsetzung von 0 EUR oder negativer Steuer.
- "Erstattungsfällen", weil die festgesetzten Vorauszahlungen und Abzugsbeträge die festgesetzte Steuer übersteigen. Aus Vereinfachungsgründen bleibt unberücksichtigt, ob die festgesetzten Vorauszahlungen tatsächlich entrichtet wurden.
- Bei einer Steuerfestsetzung von 0 EUR oder in Fällen ohne Nachzahlung verbleibt die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen einen Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 1 AO festzusetzen, z. B. wenn der Erklärungspflichtige seine Steuererklärungspflichten in der Vergangenheit wiederholt verletzt hat.
Liegt einer dieser Fälle vor, findet § 152 Abs. 2 AO keine Anwendung, d. h., es erfolgt keine ermessensunabhängige Festsetzung von Amts wegen. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags richtet sich in diesem Fall dann wiederum nach der Ermessensregelung des § 152 Abs. 1 AO.[3]
Fristverlängerung nicht eingehalten – Kein "Muss"-Fall
Dem steuerlich beratenen S wird für den VZ 01 für seine ESt-Erklärung Fristverlängerung über den 28.2.03 hinaus bis zum 31.5.03 gewährt. Die Erklärungsabgabe erfolgt gleichwohl erst im Juli 03. Das Finanzamt geht von einem "Muss"-Fall nach § 152 Abs. 2 AO aus und setzt gegen S entsprechend einen Verspätungszuschlag fest, ohne Ermessenserwägungen anzustellen.
Da es sich hier jedoch um einen Fall des § 152 Abs. 1 AO handelt, hätte das Finanzamt eine Ermessensentscheidung treffen müssen. Somit liegt ein Ermessensfehler in Form der Ermessensunterschreitung bzw. des Ermessensnichtgebrauchs vor. Der Verspätungszuschlag ist rechtswidrig und daher aufzuheben.[4]
In den Fällen der verlängerten Erklärungsfrist ist ein Verspätungszuschlag aber nur zulässig, wenn diese nicht eingehalten wurde. In Null- und Erstattungsfällen kommt ein Verspätungszuschlag insbesondere bei wiederholter Verletzung der Erklärungsfrist in Betracht.[5]
Coronabedingte Sonderregeln für die Veranlagungszeiträume bis 2024
Für die Veranlagungszeiträume bis 2024 wurden aufgrund der Corona-Pandemie die gesetzlichen Erklärungsfristen verschoben.[6] Dem hat der Gesetzgeber durch eine entsprechende Anpassung der Säumnisregelungen Rechnung getragen. So tritt in § 152 Abs. 2 Nr. 1 AO an die Stelle der Angabe "14 Monate" folgende Angabe[7]:
- VZ 2020 und 2021 "20 Monate"
- VZ 2022 "19 Monate"
- VZ 2023 "17 Monate"
- VZ 2024 "16 Monate".
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