Leitsatz

1. Wird eine vermögenslose und inaktive Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter ihr gegenüber auf Darlehensforderungen mit Besserungsschein verzichtet hatten, auf eine finanziell gut ausgestattete Schwesterkapitalgesellschaft mit der weiteren Folge des Eintritts des Besserungsfalls und dem "Wiederaufleben" der Forderungen verschmolzen, so kann die beim übernehmenden Rechtsträger ausgelöste Passivierungspflicht durch eine außerbilanzielle Hinzurechnung wegen einer vGA zu korrigieren sein.

2. Weder umwandlungssteuerrechtliche Sonderregelungen noch der ursprünglich betriebliche Charakter der Darlehensverbindlichkeiten bei der übertragenden Körperschaft stehen der Annahme einer vGA entgegen.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 158 Abs. 2, § 397 Abs. 1 BGB, § 11, § 12 UmwStG 1995

 

Sachverhalt

An der Klägerin (einer GmbH) waren in den Streitjahren 1995 und 1996 sechs natürliche Personen beteiligt. Diese waren zugleich Gesellschafter der G GmbH.

In 1996 erwarb die Klägerin zunächst sämtliche Anteile an der G GmbH zum Nennwert der Stammeinlage (Übergang der Gewinnbezugsrechte mit Wirkung vom 1.1.1996). Sodann wurde die G GmbH als übertragende Rechtsträgerin mit der Klägerin als übernehmender Rechtsträgerin verschmolzen (Grundlage: Bilanz der G GmbH vom 31.12.1995 als Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft; Stichtag: 31.12.1995, 24 Uhr). Die Verschmelzung wurde 1996 in das Handelsregister der Klägerin als übernehmender Rechtsträgerin eingetragen.

Die G GmbH war in den Jahren vor der Verschmelzung nur noch mit der Verwaltung und Umschichtung eigenen Wertpapiervermögens befasst. In 1995 wurde der gesamte Wertpapierbestand auf Basis der Steuerkurswerte vom 31.12.1995 auf die Schwestergesellschaft A GmbH entgeltlich übertragen und der Geschäftsbetrieb eingestellt.

Bereits in ihrer Bilanz zum 31.12.1994 hatte die G GmbH einen Verlustvortrag und einen Jahresfehlbetrag und damit einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausgewiesen. Die Bilanz per 31.12.1995 wies einen Jahresüberschuss aus. Diesem Jahresüberschuss lag ein außerordentlicher Ertrag zugrunde, der aus dem Verzicht der beiden mit 25 % beteiligten Gesellschafter B und L auf Gesellschafterdarlehen herrührte, die ursprünglich zur Finanzierung der geschäftlichen Aktivitäten der G GmbH gewährt worden waren.

Die Verzichtserklärungen vom Mai 1995 lauteten: "Wir verzichten mit unseren kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen gegen die ‚G GmbH’ bis zum Betrag einer bilanzmäßig ausgewiesenen Überschuldung dieser Firma. Eine Rückzahlung unserer Forderungen soll erst in den Jahren erfolgen, in denen Gewinne entstehen, aus denen die Rückzahlungen erfolgen können. Eine Rückzahlung soll auch im Fall von Liquidationserlösen erfolgen. Durch diese Vereinbarung wird die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung evtl. Zinsen (derzeit 8 %) und deren Fälligkeit nicht berührt."

Nach der Verschmelzung sah die finanziell gut ausgestattete Klägerin die Besserungsbedingung aus den Verzichtserklärungen als gegeben an und verbuchte in ihrer GuV für das Streitjahr 1996 außerordentliche Aufwendungen aus der Passivierung der Besserungsscheinverpflichtungen der ehemaligen G GmbH gegenüber ihren Gesellschaftern. Die Darlehen wurden zunächst nicht getilgt. Der handelsrechtliche Bilanzgewinn betrug im Jahr 1996 vor Berücksichtigung der Besserungsscheinverpflichtungen ... DM.

Das FA ging in Höhe der außerordentlichen Aufwendungen von einer vGA aus. Die Klage blieb ohne Erfolg (FG Hamburg, Urteil vom 29.6.2016, 6 K 236/13, Haufe-Index 9712383, EFG 2016, 1721).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin wurde vom BFH zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Ein Gestaltungsmodell? Die Umstrukturierung (Einstellung der Geschäftstätigkeit der G GmbH nach den Forderungsverzichten der Gesellschafter, Übertragung der Anteile an der GmbH auf die Klägerin, Verschmelzung der G GmbH auf die Klägerin) stellte die Rückführung der darlehensweise hingegebenen Gelder an die Gesellschafter sicher – ging es damit "nur" darum, durch Übernahme der G GmbH als "leere Hülle" (verbunden mit der Belastung zu erfüllender Verbindlichkeiten bei Eintritt des Besserungsfalles) die Verbindlichkeiten aus der Besserungsabrede zugunsten der Gesellschafter zu übernehmen? Jedenfalls sollte es im Zusammenhang mit dieser "upstream-Verschmelzung" bei dem wirtschaftlich potenteren "neuen Schuldner" zu einem Wiederaufleben von Verpflichtungen aus Gesellschafterdarlehen kommen.

Der BFH konnte bei dem Streit um die Höhe des Einkommens der Klägerin offenlassen, ob und in welcher Höhe die Klägerin Besserungsschein­verpflichtungen – wie von ihr begehrt – gewinnmindernd passivieren musste, da im Umfang der Gewinnminderung eine außerbilanzielle Einkommenskorrektur wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) vorzunehmen wäre.

2. Zur Passivierung: Der BFH hat jedenfalls Zweifel, ob es im Zuge der Verschmelzung im Hinblick auf das bei der Klägerin vorhandene (Kapitalrücklage) und das entstehende Vermögen (Bilanzgewinn 1996) zur "Besserung" gekommen is...

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