10.1 Pfandgelder sind Betriebseinnahmen

In der Getränkeindustrie werden Flaschen oder Kästen entweder als Individualleergut oder sog. Einheitsleergut verwendet. Individualleergut kann eindeutig einem bestimmten Abfüller zugeordnet werden, weil z. B. dessen Firmenname in die Flasche oder den Kasten eingeprägt ist. Beim sog. Einheitsleergut können die Flaschen oder Kästen von jedem Abfüller zum Verkauf seiner Produkte eingesetzt werden.

Erwirbt der Abfüller neue Flaschen oder Kästen, sind sie immer seinem Anlagevermögen (Betriebs- und Geschäftsausstattung) zuzuordnen.

Nimmt der Abfüller von einem Abnehmer Einheitsleergut, das den Umfang des ursprünglich an diesen ausgelieferten Vollguts übersteigt, zurück (Mehrrücknahmen), so handelt es sich in Höhe der Mehrrücknahmen um eine Anschaffung, soweit ein Eigentumsübergang stattfindet.

Pfandgelder, die ein Abfüller von einem Abnehmer verlangt, um einen Anreiz zu geben, dass dieser die mit Pfand belegten Flaschen und Kästen zurückgibt, sind Betriebseinnahmen. Für die Verpflichtung, die Pfandgelder zurückzuzahlen, wenn die bepfandeten Gegenstände zurückgegeben werden, muss der Unternehmer eine Pfandrückstellung bilden. Die Höhe der Pfandrückstellung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.[1]

Für die Verpflichtung, bei der Lieferung von Waren verwendete (Individual-)Mehrwegpaletten gegen Zahlung einer bestimmten Vergütung zurückzunehmen, kann der Steuerpflichtige eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 249 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative HGB bilden.[2]

10.2 Wie werden Pfandgelder bei einem Mineralbrunnenbetrieb bilanzsteuerrechtlich behandelt?

Nehmen Teilnehmer eines Mehrwegsystems mit Brunneneinheitsflaschen und -kästen mehr Leergut von ihren Kunden zurück als sie mit dem Vollgut zuvor an diese ausgegeben hatten (sog. Mehrrücknahmen), sind deshalb weder Anschaffungskosten noch gegen die Kunden gerichtete Forderungen zu aktivieren. In Betracht kommt jedoch die Aktivierung eines Nutzungsrechts, dessen Wert sich danach bemisst, inwieweit in Folge der Mehrrücknahmen die jeweilige Miteigentumsquote des Teilnehmers an dem Leergutpool überschritten wird.

Für die Verpflichtung, bei Rückgabe des Individualleerguts und der Brunneneinheitsflaschen und -kästen die erhaltenen Pfandgelder an die Kunden zurückzuzahlen, ist eine Verbindlichkeit zu passivieren. Die Verbindlichkeit kann wegen Bruch oder Schwund des Leerguts, bei den Brunneneinheitsflaschen und -kästen darüber hinaus aber auch der Höhe nach zu mindern sein, wenn aufgrund der eigentumsunabhängigen Zirkulation des Leerguts erfahrungsgemäß davon auszugehen ist, dass ein bestimmter Teil an andere Poolmitglieder zurückgegeben wird.[1]

Die Finanzverwaltung orientiert sich an den obigen Ausführungen des BFH-Urteils.

 
Hinweis

BMF-Schreiben bewirkt Vereinfachungs- und Anwendungsregelung

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige Einheitsleergut weiterhin wie Individualleergut bilanziell abbildet und auf der Passivseite der Bilanz entsprechend verfährt. Hat der Steuerpflichtige in einem Wirtschaftsjahr, das nach der Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 8.12.2020 endet, auf die Ausübung dieses Wahlrechts unwiderruflich verzichtet, ist er daran auch für die Zukunft gebunden. Die Entscheidung ist einheitlich für den gesamten Betrieb zu treffen.[2]

Macht der Steuerpflichtige von der Anwendung der obigen Vereinfachungsregelung keinen Gebrauch kann er wie folgt vorgehen. Er kann den Gewinn aus der Auflösung der nach der bisherigen Verwaltungsauffassung gebildeten Rückstellungen und der Aktivierung des am Lager befindlichen Einheitsleerguts im Umlaufvermögen auf einen Zeitraum verteilen, der spätestens am 31.12.2029 endet.[3]

Die gebildete Rücklage ist dabei jährlich mit mindestens dem Teil gewinnerhöhend aufzulösen, der sich bei einer gleichmäßigen Verteilung des entstandenen Buchgewinns über den gesamten Auflösungszeitraum ergibt.

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