OFD Frankfurt, 2.9.2015, S 2256 A - 41 - St 213

 

1. Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG)

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Fallen im Rahmen von vermögensverwaltenden Personengesellschaften/-gemeinschaften private Veräußerungsgeschäfte an, ist für die verfahrensrechtliche Abwicklung zu unterscheiden, ob der Tatbestand des § 23 EStG von der Gesellschaft oder Gemeinschaft selbst oder in der Person eines Beteiligten verwirklicht wurde.

 

1.1 Tatbestandsverwirklichung durch die Gesellschaft/Gemeinschaft

 

1.1.1 Voraussetzungen

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Eine Tatbestandsverwirklichung im Sinne des § 23 EStG durch die Gesellschaft/Gemeinschaft ist nur dann gegeben, wenn sowohl das Anschaffungs- als auch das Veräußerungsgeschäft von der Gesellschaft/Gemeinschaft getätigt werden.

 

1.1.2 Einkünfteermittlung

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Die Frage, ob es sich bei einem unter Tz. 2 genannten Sachverhalt um ein privates Veräußerungsgeschäft handelt, ist wegen der unterschiedlichen Haltefristen für jedes Wirtschaftsgut gesondert zu beurteilen. Auch die Ermittlung der Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist wirtschaftsgutbezogen vorzunehmen.

 

1.1.3 Verfahren

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Die entsprechend der vorstehenden Ausführungen gemeinschaftlich erzielten Einkünfte sind nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO einheitlich und gesondert festzustellen.

 

1.2 Tatbestandsverwirklichung in der Person eines Beteiligten

 

1.2.1 Voraussetzungen

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Zur Erzielung von Einkünften aus einem privaten Veräußerungsgeschäft durch einen Beteiligten kommt es dann, wenn die Veräußerung nicht gemeinschaftlich erfolgt und eine der nachfolgend aufgeführten Konstellationen gegeben ist:

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  1. Der Beteiligte scheidet innerhalb der Haltefrist aus der Gesellschaft/Gemeinschaft aus,
  2. Die Gesellschaft/Gemeinschaft veräußert ein Wirtschaftsgut unschädlich nach Ablauf der maßgeblichen Haltefrist, der Beteiligte ist jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten, so dass für ihn die Haltefrist noch nicht abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.2014, IX R 9/13).

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Grundlage hierfür ist die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG, wonach die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Gesellschaft/Gemeinschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt.

 

1.2.2 Einkünfteermittlung

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Auch hier ist die Ermittlung der Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft wirtschaftsgutbezogen vorzunehmen.

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Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG, wonach ein Veräußerungsgewinn bei Ausscheiden durch Gegenüberstellung von Kapitalkonto und Veräußerungserlös zu ermitteln ist, kommt hier nicht zur Anwendung, weil die vermögensverwaltenden Gesellschaften/Gemeinschaften keine gewerblichen Einkünfte erzielen und es sich nicht um Mitunternehmerschaften handelt.

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Die evtl. Übernahme eines negativen Kapitalkontos spielt auf der privaten Vermögensebene keine Rolle. Sollten Schulden übernommen werden, wirkt sich dies auf die Höhe der Anschaffungskosten oder des Veräußerungserlöses aus.

 

1.2.3 Verfahren

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Eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO ist nicht durchzuführen, da die Einkünfte nicht von der Gesellschaft/Gemeinschaft erzielt werden, sondern von dem jeweiligen Beteiligten. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Beteiligte betroffen sein sollten. Anschaffungs- und Veräußerungszeitpunkt sowie die Höhe der Einkünfte sind für jeden Beteiligten getrennt zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.2014, IX R 9/13).

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Die Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft sind jedoch dem Wohnsitzfinanzamt (VTB G oder AN) nachrichtlich mitzuteilen. Eine KZ zur Eingabe in FEin ist nicht vorgesehen. Einwendungen gegen die Erfassung der Einkünfte dem Grunde und der Höhe nach können nur im Verfahren über die jeweilige Einkommensteuerfestsetzung geltend gemacht werden. Bei der Bearbeitung entsprechender Einsprüche hat der VTB P erforderlichenfalls Amtshilfe zu leisten.

 

1.3 Mischfälle

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Unter sogen. Mischfällen versteht man Sachverhalte der Veräußerung eines Grundstücks durch eine Personengesellschaft nach einer vorangegangenen Änderung im Gesellschafterkreis.

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Beim BFH ist unter dem Az. IX R 10/15 ein Verfahren anhängig, bei dem die Frage zu klären ist, ob der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 4 erfüllt ist, wenn zwei Gesellschafter einer vierköpfigen grundstücksbesitzenden GbR die Gesellschaftsanteile der weiteren beiden Gesellschafter gleichzeitig und mit demselben Vertrag erwerben und die GbR das Grundstück zeitlich unmittelbar nach dem Beteiligungserwerb veräußert. Zudem muss geklärt werden, in welchem Verfahren (gesonderte und einheitliche Feststellung für die GbR oder Einkommensteuerveranlagungen der einzelnen Gesellschafter) diesbezügliche Entscheidungen zu treffen sind.

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In vergleichbaren Fällen können Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhend gestellt werden, Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.

 

2. Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

 

2.1 Tatbestände nach § 20 Abs. 2 EStG

 

2.1.1 Einkünfteerzielung

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Die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesel...

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