P tritt bei dem Vertrieb der Restaurantgutscheine im fremden Namen auf, sodass er selbst nicht in eine Leistungskette eingebunden ist. P ist insoweit nur als Vermittler tätig und führt eine sonstige Leistung gegenüber der Restaurantkette aus. Insoweit ist es unerheblich, wie die Gutscheine umsatzsteuerrechtlich einzuordnen sind – dies ist nur für eine umsatzsteuerrechtliche Beurteilung für die Restaurantkette von Bedeutung.

 
Hinweis

Mehrzweck-Gutscheine für die Restaurantkette

Die von der Restaurantkette ausgegebenen Gutscheine stellen Mehrzweck-Gutscheine nach § 3 Abs. 15 UStG dar. Zwar lässt sich der Ort der Leistungen eindeutig einem Land zuordnen (hier offensichtlich Hessen, Restaurationsdienstleistungen sind nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b UStG dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer ausgeführt werden; soweit es sich um Lieferungen handelt, wäre der Ort nach § 3 Abs. 6 UStG dort, wo die Warenbewegungen beginnen). Allerdings lässt sich im Zeitpunkt der Ausgabe der Gutscheine nicht eindeutig die Steuer dem Grunde nach ermitteln. Im Rahmen von Restaurantdienstleistungen ist die Abgabe der verzehrfertigen Speisen[1] dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen, ebenso die Lieferung von Speisen[2] außer Haus. Die Abgabe von Getränken wie auch die Lieferung von Getränken im Außer-Haus-Verkauf unterliegt hingegen dem Regelsteuersatz. Die Ausgabe der Mehrzweck-Gutscheine führt damit für die Restaurantkette im März 2023 noch nicht zu einem umsatzsteuerrechtlich relevanten Umsatz, es liegt lediglich ein Umtausch von Geld in eine andere Art von Zahlungsmittel vor. Erst bei Einlösung der Gutscheine im März und im April 2023 (und später) sind die Umsätze entsprechend der dann ausgeführten Leistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Da P die Gutscheine offensichtlich zum angegebenen Wert verkauft hat, würde sich dann bei jedem Gutschein ein Bruttoumsatz von 100 EUR für die Restaurantkette ergeben.

Die Leistung des P gegenüber der Restaurantkette ist nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt, in Hessen und somit im Inland. Die Vermittlungsleistung ist damit steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und in Ermangelung einer Steuerbefreiung nach § 4 UStG auch steuerpflichtig. Bei verkauften 150 Gutscheinen und einer Vermittlungsprovision von (brutto) 20 EUR je Gutschein hat P insgesamt 3.000 EUR erhalten. Aus diesem Betrag ist die Umsatzsteuer mit 19 %[3] herauszurechnen, sodass sich eine Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG von (3.000 EUR ./. 479 EUR USt =) 2.521 EUR ergibt. Da die Vermittlungsleistung des P im März ausgeführt wurde, entsteht die Umsatzsteuer von 479 EUR im März 2023[4], Steuerschuldner für die Umsatzsteuer ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG P.

Gegenüber P wird aber auch noch eine sonstige Leistung von dem in London ansässigen Unternehmer L ausgeführt; diese Leistung wird ebenfalls als Vermittlungsleistung wirtschaftlich einzuordnen sein. L ist Unternehmer, handelt im Rahmen seines Unternehmens und führt die entgeltliche sonstige Leistung nach § 3a Abs. 2 Satz 1 UStG am Sitz des P in Deutschland aus. Damit ist die von L erbrachte Leistung im Inland steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Sie ist in Ermangelung einer Steuerbefreiung nach § 4 UStG[5] auch steuerpflichtig. Da es sich bei L um einen ausländischen Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG handelt, wird P zum Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG (Reverse-Charge-Verfahren).

 
Wichtig

Herkunft des leistenden Unternehmers beachten

Da L nach dem Austritt Großbritanniens und Nordirlands aus der EU aus dem Drittlandsgebiet kommt, ergibt sich die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG; würde der leistende Unternehmer bei einer nach § 3a Abs. 2 UStG zu bestimmenden Leistung aus dem Gemeinschaftsgebiet kommen, ergäbe sich die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens nach § 13b Abs. 1 UStG. Diese Unterscheidung ist für den Zeitpunkt der Steuerentstehung sowie für die zutreffende Anmeldung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung von Bedeutung.

Die Bemessungsgrundlage[6] für die P gegenüber ausgeführte Leistung beträgt 1.000 EUR, die Umsatzsteuer ergibt sich nach § 12 Abs. 1 UStG mit 19 %. Damit entsteht im Monat der Ausstellung der Rechnung (März 2023) eine Umsatzsteuer von (1.000 EUR x 19 % =) 190 EUR, die P als Steuerschuldner bei seinem Finanzamt anmelden muss.

Da die dem P gegenüber ausgeführte Leistung wirtschaftlich im Zusammenhang mit den besteuerten Ausgangsleistungen (die eigenen Vermittlungsleistungen) steht, ist P nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ein Auschlussgrund nach § 15 Abs. 2 UStG ist nicht erkennbar. P kann damit die 190 EUR im März 2023 als Vorsteuer abziehen.

[1] Bis (voraussichtlich) zum 31.12.2023 nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG.
[2] § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Anlage 2 zum UStG (zeitlich unbegrenzt).
[5] Insbesondere ist auch kein Befreiung...

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