Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine Gestaltung noch nicht unangemessen. Auch Angehörigen steht es danach frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander möglichst günstig zu gestalten. Insbesondere können Angehörige frei darüber entscheiden, ob sie ihre Leistungen auf familiärer oder vertraglicher Basis erbringen. Es stellt daher keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Steuerpflichtige auf die Ausübung eines im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung zu seinen Gunsten eingeräumten unentgeltlichen Wohnrechts verzichtet und stattdessen ein fremdüblicher Mietvertrag abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt wird. Der Fortbestand des dinglichen Wohnungsrechts allein hindert die Wirksamkeit des Mietvertrages nicht.[1]

Denn dem Grundstückseigentümer steht es frei, dieses ohne jede Auflage oder Einschränkung zu übertragen oder im Zuge der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung mit dem Erwerber eine wie auch immer geartete Nutzungsmöglichkeit für sich vorzusehen. Diese Rechtsprechung beruht, so der BFH, auf der Überlegung, dass die Eigentumsübertragung einerseits und die anschließende Vermietung andererseits jeweils zivilrechtlich und wirtschaftlich getrennt und deshalb auch steuerrechtlich grds. unabhängig voneinander zu beurteilen sind.[2]

Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts bei Abschluss eines Mietvertrages unter Angehörigen liegt auch nicht schon deshalb vor, weil das Objekt vor der Vermietung vom jetzigen Mieter gegen wiederkehrende Leistungen auf den Vermieter übertragen wurde.[3] Entsprechendes gilt, wenn auf die Ausübung eines im Zusammenhang mit einer Grundstücksübertragung eingeräumten Nießbrauchsrechts unentgeltlich verzichtet und stattdessen zwischen dem Übertragenden und dem neuen Eigentümer des Grundstücks eine Mietvertrag geschlossen wird.[4]

 
Hinweis

Gegenläufige Rechtsgeschäfte als Gestaltungsmissbrauch

Es ist allerdings rechtsmissbräuchlich, wenn die Beteiligten durch zivilrechtlich mögliche Gestaltungen zwar wechselseitige Zahlungspflichten begründen, damit aber die Position des unentgeltlich Nutzenden tatsächlich und wirtschaftlich nicht verändern. Dies ist der Fall, wenn die Parteien der Grundstücksübertragung durch gegenläufige Rechtsgeschäfte auf der Nutzungsebene erreichen, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer entgeltlichen Nutzung des Übertragenden kommt. Das ist z.  B. gegeben, wenn ein im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung eingeräumtes, unentgeltliches Wohnungsrecht gegen Vereinbarung einer dauernden Last aufgehoben und gleichzeitig ein Mietverhältnis mit einem Mietzins in Höhe der dauernden Last vereinbart wird.[5] Mit einer solchen Vereinbarung erreichen die Parteien, dass es nach der wirtschaftlichen Substanz der Vereinbarungen nicht zu einer entgeltlichen Nutzung des Übertragenden kommt. Die Vereinbarungen führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Mieterin die Wohnung weiterhin unentgeltlich nutzt.[6]

[2] Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 260. Lieferung 10.2020, § 42 AO Rz. 396 f.
[6] Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 260. Lieferung 10.2020, § 42 AO Rz. 403.

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