Rz. 70

Nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG ist der verbleibende Verlustvortrag am Schluss eines VZ gesondert festzustellen. Welche VZ gemeint sind, sagt das Gesetz nicht. Unstreitig ist es das Verlustentstehungsjahr, auch wenn der verbleibende Verlustvortrag auf 0 EUR anzusetzen ist, weil der Verlust durch den Verlustrücktrag verbraucht worden ist oder wenn kein Rücktrag erfolgt. Der verbleibende Verlustvortrag ist auch dann auf 0 EUR festzustellen, wenn ein zum Schluss des vorangegangenen VZ festgestellter verbleibender Verlustvortrag in einem folgenden VZ aufgebraucht worden ist.[1] Ist der Feststellungsbescheid wegen Fehlern, die nicht auf sonstigen Bescheidsänderungen beruhen, erlassen worden, kann er angefochten werden.[2] Wird durch den Rücktrag der Verlust verbraucht, hat die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags aber keine Bindungswirkung für das Rücktragsjahr. Besteht Streit über den zurückzutragenden Verlust, ist hierüber bei der ESt-Festsetzung des Rücktragsjahrs zu entscheiden, der Steuerbescheid des Verlustentstehungsjahres ist daher weder Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid des Verlustrücktragsjahres noch für den Feststellungsbescheid nach § 10d Abs. 4 EStG, über Grund und Höhe des Verlustrücktrags wird ausschließlich im Rahmen der Veranlagung des Rücktragsjahrs entschieden. Für eine Klage gegen einen auf 0 EUR lautenden ESt-Bescheid des Verlustentstehungsjahrs fehlt die Klagebefugnis i. S. d. § 40 Abs. 2 FGO, wenn das Begehren des Stpfl. nicht auf die Verlustfeststellung, sondern ausschließlich auf den Verlustrücktrag gerichtet ist.[3]

Eine gesonderte Feststellung erfolgt auch für all die Vortragsjahre, in denen noch eine Restgröße des verbleibenden Verlustvortrags vorhanden ist. Das gilt auch für den VZ, in dem der verbleibende Verlustvortrag verbraucht wird, sodass er mit 0 EUR festzustellen ist,[4] ferner auch für VZ, in denen sich der verbleibende Verlustvortrag nicht verändert. Wird aber z. B. der der ESt-Bescheid 02 mit Auswirkungen des Verlustes geändert, erfolgt eine Folgeänderung des Feststellungsbescheids auf den 31.12.02 nach § 10d EStG; ggf. eine Änderung des ESt-Bescheids 03 oder des Bescheids im etwaigen Rücktragsjahr 01, sofern dies zeitlich noch möglich ist; bzw. des Feststellungsbescheids zum 31.12.01; gem. §§ 182 Abs. 1, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.[5]

 

Rz. 71

 

Beispiel (s. Beispiel 4)

 
  Verbleibender Verlustvortrag 31.12.02 140.000 EUR
./. Einkommen VZ 03 (Verlustvortrag) 0 EUR
= Verbleibender Verlustvortrag 31.12.03 140.000 EUR

In beiden Fällen gebieten Sinn und Zweck der Regelung, nämlich eine bindende Feststellung des Verlustes für jedes betroffene Jahr, eine gesonderte Feststellung.

 

Rz. 72

Für die gesonderte Feststellung sind die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß anzuwenden, § 181 Abs. 1 AO. Es gelten zum einen die Bestimmungen über Feststellungsbescheide, §§ 179ff. AO, zum anderen die über die Steuerbescheide, §§ 155ff. AO, entsprechend, sofern nicht Sonderbestimmungen wie § 10d Abs. 4 Sätze 4, 5 EStG diese allgemeinen Regelungen verdrängen.

 

Rz. 73

Die Abgabe zur Erklärung der gesonderten Feststellung ist gem. § 181 Abs. 2 AO ausdrücklich vorgesehen. Die Verwaltung hat hierfür keinen eigenen amtlichen Vordruck vorgesehen, sondern lässt die Erklärung im Rahmen der entsprechenden ESt-Erklärung genügen. Der amtliche Vordruck der ESt-Erklärung (ESt 1) ist daher auch als Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ausgestaltet.

Ferner sieht § 56 Satz 2 EStDV vor, dass eine ESt-Erklärung abzugeben ist, wenn zum Schluss des vorangegangenen VZ ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt worden ist.

 

Rz. 74

Die gesonderte Feststellung erfolgt durch Feststellungsbescheid, der für Folgebescheide bindend ist, § 182 Abs. 1 Satz 1 AO. Das ist der Fall für die Einkommensteuerfestsetzung des Folgejahres und für den auf den nachfolgenden Feststellungszeitpunkt zu erlassenden Feststellungsbescheid.[6] Hieraus folgt, dass die Bindungswirkung immer nur für den nächsten VZ eintritt als Grundlage für den Verlustabzug im ESt/KSt-Bescheid und/oder als Ausgangspunkt für eine Feststellung auf das Ende dieses nächsten VZ. Ferner folgt hieraus, dass der Verlustabzug im Vortragsjahr nur möglich ist, wenn der verbleibende Verlustvortrag auf das Ende des vorangehenden VZ gesondert festgestellt worden ist. Ist diese Feststellung unterblieben und kann sie auch nicht mehr nachgeholt werden, wird unterstellt, dass kein vortragsfähiger Verlust (mehr) vorhanden ist ("negative Feststellungswirkung"). Eine Bindung tritt auch ein, wenn der Feststellungsbescheid fehlerhaft ist.[7]

Wird der Grundlagenbescheid geändert, ist der Folgebescheid ebenfalls gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern.

Der Feststellungsbescheid ist zugleich Folgebescheid für den Feststellungsbescheid des vorangegangenen VZ.[8]

 

Rz. 75

Der Feststellungsbescheid wird regelmäßig mit der ESt-Festsetzung ergehen. Es handelt sich aber um zwei selbstständige, voneinander zu trennende Verwaltungsakte...

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