Rz. 58

Liegt für das Rücktragsjahr[1] noch kein Steuerbescheid vor, ist der Verlustabzug ohne Weiteres bei der erstmaligen Veranlagung vorzunehmen, wenn materiell-rechtlich ein Verlust abzuziehen ist, dessen Berücksichtigung vorher nicht möglich war, oder wenn der Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen ist.[2]

 

Rz. 59

Ist für den vorangegangenen VZ bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, ist er insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu ändern ist, § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG. Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid bereits bestandskräftig ist, § 10d Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz EStG. § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG ist eine eigenständige Änderungsvorschrift, die den Änderungsvorschriften der AO vorgeht. Änderbar ist daher jeder bereits erlassene ESt-Bescheid, ob er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO steht, vorläufig nach § 165 AO ist oder sonst gar nicht mehr änderbar wäre.[3]

 

Rz. 60

Die Änderung bewirkt eine Durchbrechung der Bestandskraft der Höhe nach, sodass innerhalb des durch die Gewährung des Verlustabzugs eröffneten punktuellen Änderungsrahmens materielle Fehler gem. § 177 AO zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden können, zugunsten aber nur, soweit andere materielle Fehler zuungunsten den Verlustabzug schmälern würden. Der Umfang des Änderungsrahmens bestimmt sich nach der steuermindernden Wirkung, die einträte, wenn zusätzlich zu den bisher ermittelten Besteuerungsgrundlagen der Verlustabzug berücksichtigt würde.[4]

Eine Kompensation materieller Fehler ist selbst dann noch zulässig, wenn wegen des dem materiellen Fehler zugrunde liegenden Sachverhalts bereits Verjährung eingetreten ist.[5]

 

Rz. 61

Im Rahmen der Änderung nach § 10d EStG können auch bereits ausgeübte Wahlrechte wie Zusammenveranlagung oder Sonderabschreibungen und Anträge erneuert werden. Das gilt bei Änderung des Veranlagungswahlrechts für Ehegatten oder Lebenspartner ohne Beschränkung auf den Änderungsrahmen.[6]

Die Änderung des Veranlagungswahlrechts setzt aber voraus, dass der Änderungsbescheid bestehen bleibt. Wird der die Wahl einer anderen Veranlagungsform ermöglichende Änderungsbescheid wieder aufgehoben, so wird damit die Ausübung des Wahlrechts gegenstandslos.[7]

 

Rz. 62

Ein etwaiger Änderungsbescheid ist in den Grenzen der Änderung mit jeder Begründung anfechtbar, § 351 Abs. 2 AO.

 

Rz. 63

Nach § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG kann auch ein bereits durchgeführter Verlustrücktrag wieder geändert werden, wenn sich bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustjahres Änderungen ergeben, die zu einem höheren oder niedrigeren Verlustrücktrag führen. Da § 10d EStG eine von den Vorschriften der AO unabhängige selbstständige Änderungsvorschrift ist, ist die Änderungsmöglichkeit nicht nur gegeben, wenn sich z. B. aufgrund neuer Tatsachen herausstellt, dass der Verlust im Verlustjahr in anderer Höhe ausgefallen ist, sondern auch, wenn im Rücktrags- oder Vortragsjahr materielle Fehler unterlaufen sind.[8] Damit ist Korrekturgrund allein ein in Bezug auf den Verlustabzug fehlerhaftes Ereignis. Die Ursache des Fehlers ist ohne Bedeutung, da die gesetzliche Regelung die richtige und vollständige Verwirklichung des Verlustabzugs bezweckt und damit die Rechtmäßigkeit des Bescheids vor das Vertrauen auf seinen Bestand stellt.[9]

Eine Steuerfestsetzung auf 0 EUR in einem Verlustrücktragsjahr hindert eine Beschwer des Stpfl. nicht, soweit die Festsetzung auf einem Verlustrücktrag beruht und geltend gemacht wird; durch den Ansatz weiterer Betriebsausgaben sei das Verlustrücktragsvolumen geringer.[10]

 

Rz. 64

Nach § 10d Abs. 1 Satz 4 2. Halbsatz EStG tritt Festsetzungsverjährung für den zu ändernden Bescheid insoweit[11] nicht ein, bevor die Festsetzungsfrist des Verlustjahrs abgelaufen ist.[12] Das Rücktragsjahr darf nicht verjährt sein.[13]

Diese Regelung gilt gleichermaßen für den Verlustrücktrag und den Verlustvortrag.[14] Die Hemmung der Verjährung bezieht sich auf die durch den Verlustrücktrag zu ändernde Steuer (insoweit). Im Übrigen tritt (Teil-)Verjährung ein.[15] Im Ergebnis dürfte sich daher beim Verlustrücktrag eine Verlängerung der Verjährungsfrist ergeben, während sich die Verjährungsfrist des Vortragsjahrs regelmäßig nach den allgemeinen Vorschriften errechnet.

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