Zusammenfassung

 
Begriff

Der Verlustabzug nach § 10d EStG ermöglicht dem Steuerpflichtigen, negative Einkünfte, d. h. Verluste bei der Ermittlung seines steuerpflichtigen Einkommens, abzuziehen. Der Steuerpflichtige kann den nicht ausgeglichenen Verlust aus einem Veranlagungszeitraum im vorangegangenen Veranlagungszeitraum als Verlustrücktrag oder in einem der folgenden Veranlagungszeiträume als Verlustvortrag geltend machen. Mit dem Verlustausgleich erfolgt die Verrechnung positiver und negativer Einkünfte zunächst innerhalb derselben Einkunftsart und dann zwischen verschiedenen Einkunftsarten. Aufgrund der COVID-19-Pandemie galten für Verluste in 2020 und 2021 und gelten für 2022 und 2023 besondere Regeln (§ 52 Abs. 18b EStG). § 10d EStG wurde zuletzt geändert durch Art. 3 des 4. CorStHG v. 19.6.2022, BGBl 2022 I S. 911. Der Verlustrücktrag wurde ab Veranlagungszeitraum 2022 dauerhaft auf 2 Jahre ausgeweitet.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 10d EStG; § 62d EStDV; R 10d EStR 2012, H 10d EStH 2021; § 8c KStG; § 10a GewStG; BFH, Beschluss v. 9.4.2010, IX B 191/09; BVerfG, Beschluss v. 13.4.2012, 2 BvR 1175/10; BFH, Beschluss v. 17.12.2007, GrS 2/04; OFD Frankfurt/M., Verfügung v. 1.3.2017, S 2225 A-12-St 213: Verfügung betr. Vererblichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG; OFD Frankfurt/Main, Verfügung v. 12.1.2012, S 2225 A – 9 – St 213: Verfügung betr. erstmaliger Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids gem. § 10d Abs. 4 EStG; BFH, Urteil v. 29.6.2011, IX R 38/10; BFH, Urteil v. 17.9.2008, IX R 70/06; BFH, Beschluss v. 20.9.2012, IX B 126/12; BFH, Urteil v. 1.8.2012, IX R 14/11; BFH, Urteil v. 22.1.2013, IX R 11/12; OFD Frankfurt/Main, Verfügung v. 8.5.2018, S 2225 A-009-St 213: Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags; Verfahrensfragen; OFD Frankfurt/Main, Verfügung v. 18.11.2019, S 2225 A – 019 – St 213 betr. Verrechnungsmöglichkeit eines Verlustvortrags mit einem Erstattungsüberhang nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG; BFH, Urteil v. 11.4.2017, IX R 22/16, BFH/NV 2017 S. 1178: Der Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag ist Grundlagenbescheid für den unmittelbar nachfolgenden Verlustfeststellungsbescheid; OFD Frankfurt/M. Verfügung v. 27.12.2018, S 2225 A – 013 – St 213, betr. Definitiveffekt bei Anwendung der Mindestbesteuerung in Liquidationsfällen.

1 Verlustabzug bei der Einkommensteuer

1.1 Zweck und Vorteil des Verlustabzugs

Der Verlustabzug nach § 10d EStG stellt sicher, dass dem Steuerpflichtigen bei jährlich schwankenden Einkünften keine steuerlichen Nachteile entstehen. Existenzgründer können sich mit Anfangsverlusten aus einer selbstständigen Tätigkeit Liquidität verschaffen, wenn sie im Jahr vor der Gründung z. B. hohe Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit hatten, weil sie mittels des Verlustabzugs Einkommensteuer aus dem Vorjahr erstattet bekommen.

 
Praxis-Beispiel

Verluste aufgrund der Insolvenz eines Großkunden

Ein Unternehmer hat in 02 einen hohen Verlust (negative Einkünfte nach § 15 EStG) von 100.000 EUR erlitten, weil ein Großkunde unerwartet Insolvenz angemeldet hat. In 01 hatte der Unternehmer einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 300.000 EUR. Aufgrund des möglichen Verlustabzugs zahlt er im Ergebnis für das Jahr 01 nur bezüglich eines Gewinns von 200.000 EUR Einkommensteuer.

Existenzgründer mit Anfangsverlusten ohne Antrag auf Verlustabzug

Ein lediger Arzt ohne Kinder hat sich Anfang 2023 selbstständig gemacht. Er hat Investitionen getätigt, Personal- und Raumkosten etc. Trotz vieler Privatpatienten erwirtschaftet er in 2023 einen Verlust von 100.000 EUR. Andere positive Einkünfte hat er nicht.

In 2022 hatte er als Angestellter im Krankenhaus Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit i. H. v. 48.000 EUR. Unter Berücksichtigung der Sonderausgabenpauschale von 36 EUR und beschränkt abzugsfähiger Sonderausgaben (KV-und PV-Beiträge und Altersvorsorge) i. H. v. 9.180 EUR betrug das zu versteuernde Einkommen 38.784 EUR. Die Steuerzahllast für 2022 betrug 7.763 EUR (Einkommensteuer) und 0 EUR (Solidaritätszuschlag).

Das Finanzamt wird ohne Antrag von Amts wegen einen Betrag von 48.000 EUR vom Verlust des Jahres 2023 als Verlustabzug in 2022 berücksichtigen. Es kommt zu einer Steuererstattung 2022 i. H. v. 7.763 EUR (Einkommensteuer). Der verbleibende Verlustvortrag wird zum 31.12.2023 auf 52.000 EUR gem. 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festgestellt.

1.2 Verlustausgleich ist vorrangig durchzuführen

§ 2 Abs. 3 EStG regelt den Verlustausgleich. Dabei werden positive Einkünfte mit negativen Einkünften im gleichen Veranlagungszeitraum verrechnet. Dabei ist folgende Reihenfolge zu beachten:

1.2.1 Horizontaler Verlustausgleich

Beim horizontalen (internen) Verlustausgleich werden Verluste mit Gewinnen derselben Einkunftsart grundsätzlich unbegrenzt verrechnet.

 
Praxis-Beispiel

Steuerpflichtiger als Eigentümer mehrerer Immobilien

Der Steuerpflichtige erzielt mit seinem vermieteten Haus (8 Wohnungen) in München einen Überschuss aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG i. H. v. 15.000 EUR. Mit einem Mietobjekt in den neuen Bundesländern erzielt er aufgrund von Leerständen Verluste aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 10.000 EUR. Aufgrund des horizontale...

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