Leitsatz

1. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG findet auch dann Anwendung, wenn nach dem 31.12.2008 getätigte Ausgaben mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind (Anschluss an BFH, Urteil vom 2.12.2014, VIII R 34/13, BFHE 248, 51, BStBl II 2015, 387).

2. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG ist verfassungsgemäß (Anschluss an BFH, Urteile vom 1.7.2014, VIII R 53/12, BFHE 246, 332, BStBl II 2014, 975; vom 28.1.2015, VIII R 13/13, BFHE 249, 125, BStBl II 2015, 393).

 

Normenkette

§ 20 Abs. 9 Satz 1, § 52a Abs. 2, Abs. 10 Satz 10, § 32d Abs. 6 EStG, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Kläger erzielten im Streitjahr 2009 Einnahmen aus Kapitalvermögen. Als Werbungskosten machten sie über den Sparer-Pauschbetrag hinaus Steuerberatungskosten geltend. Diese waren im Streitjahr entrichtet worden. Sie standen im Zusammenhang mit vor dem 1.1.2009 zugeflossenen Kapitalerträgen. Das FA veranlagte die Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgrund des von den Klägern gestellten Antrags auf Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG bei den regelbesteuerten Einkünften. Hierbei zog es insgesamt bei den Klägern jeweils nur den Sparer-Pauschbetrag ab. Das FG gab der Klage, mit der die Kläger den Werbungskostenabzug in voller Höhe geltend machten, statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.2.2014, 3 K 433/13, Haufe-Index 7016754, EFG 2014, 1479).

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision des FA stattgegeben. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 sei ein umfassendes Abzugsverbot für Werbungskosten eingeführt worden. Dies gelte auch bei der Besteuerung nach der Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG.

Zwar deute der Wortlaut des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG darauf hin, dass die Werbungskostenabzugsbeschränkung erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Einkünfte anwendbar sei. Der Gesetzgeber habe aber durch diese Regelung die eindeutige Anordnung in § 52 Abs. 2 EStG nicht relativieren wollen. Nach dieser sei ab 2009 der Abzug der tatsächlichen Aufwendungen als Werbungskosten ausgeschlossen. Dies verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Stichtagsregelung sei aufgrund des Systemwechsels zur Gewährleistung der Verwaltungspraktikabilität erforderlich und somit verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

 

Hinweis

1. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab dem VZ 2009 grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt nach Auffassung des BFH auch dann, wenn die Werbungskosten durch vor dem 1.1.2009 zugeflossene Kapitalerträge veranlasst worden sind.

Besondere Relevanz hat dies für Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit der Ermittlung von Kapitaleinkünften für eine strafbefreiende Erklärung nach dem StraBEG. Werden diese erst nach dem 31.12.2008 gezahlt, ist der Werbungskostenabzug nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG auch dann ausgeschlossen, wenn die Kapitalerträge vor dem Inkrafttreten der Abgeltungsteuer am 1.1.2009 hinterzogen wurden.

2. Dies ist im Hinblick auf die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verfassungsrechtlich nicht unproblematisch. Das Abzugsverbot wird verfassungsrechtlich u.a. damit gerechtfertigt, dass die Werbungskosten in dem Abgeltungsteuersatz von 25 % bereits "eingepreist" sind. Hiervon kann der Steuerpflichtige jedoch nicht profitieren, wenn die Kapitalerträge nach der alten Rechtslage mit dem progressiven Steuersatz besteuert wurden, die durch diese veranlassten Werbungskosten aber erst nach dem 31.12.2008 abfließen. Er wird durch den höheren Steuersatz und das Werbungskostenabzugsverbot gleich doppelt "be­straft". Der BFH hat die Regelung unter Hinweis auf das Stichtagsprinzip dennoch für verfassungsgemäß angesehen.

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht bei der zu erwartenden Verfassungsbeschwerde diese Sichtweise teilen wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.6.2015 – VIII R 12/14

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