4.1.1 Erbauseinandersetzung ist steuerneutral

Eine steuerneutrale Erbauseinandersetzung ist auch möglich, wenn sich der Nachlass aus Betriebs- und Privatvermögen zusammensetzt. Hierzu führt der Große Senat aus, dass es bei einer Vermögensverteilung zur Auseinandersetzung in beiden Bereichen nicht zu Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäften kommt. Der jeweilige Miterbe führt die Buchwerte im erhaltenen Betrieb und die Steuerwerte im erhaltenen Privatvermögen fort.[1]

Die Erbquote des Miterben kann sowohl mit Be­triebsvermögen als auch mit Privatvermögen aufgefüllt wer­den.

 
Praxis-Beispiel

Nachlass setzt sich aus Betriebs-und Privatvermögen zusammen

Zum Nachlass, an dem die Miterben A und B je zur Hälfte beteiligt sind, gehören ein Gewerbebetrieb mit einem Verkehrs­wert von 500.000 EUR (Buchwert: 250.000 EUR) und Grundstücke im Privatvermögen, deren Verkehrswerte ebenfalls 500.000 EUR betragen und die der Erblasser zum Preis von 200.000 EUR angeschafft hatte. Bei der Erbauseinandersetzung übernimmt A den Betrieb, B die Grund­stücke.

Die Teilung löst keinen Veräußerungsgewinn aus. A und B erwerben unentgeltlich; A hat die Buchwerte der Erbengemeinschaft fortzuführen.[2] Auch B hat die Wertansätze der Erbengemeinschaft fortzuführen.[3]

4.1.2 Unterschiedliche Übernahme von Verbindlichkeiten zur Wertangleichung

Nach dem Beschluss des Großen Senats[1] liegt keine zu Anschaffungskosten und Veräußerungserlösen führende Abstandszahlung vor, wenn ein Miterbe im Rahmen einer Realteilung ohne Ausgleichszahlung Nachlassverbindlichkeiten übernimmt, die höher sind als der Teil der Nachlassverbindlichkeiten, der entsprechend seiner Erbquote auf ihn entfällt. Für die Frage, ob ein Miterbe bei einer Realteilung den seiner Erbquote entsprechenden wertmäßigen Anteil am Nachlass erhält, kommt es auf das ihm zugeteilte "Nettovermögen" an.

 
Praxis-Tipp

Disquotale Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten

Die Nachlassschulden können zur Vermeidung von Ausgleichsleistungen und damit von Veräußerungsgewinnen quotenabweichend übernommen werden. Durch die unterschiedliche Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten kann ein wertmäßiger Ausgleich unter den Miterben herbeigeführt und damit ein unentgeltlicher gewinnneutraler Rechtsvorgang erreicht werden. Bekommt also ein Miterbe aus der Aktivmasse des Nachlasses mehr zugeteilt als seiner Quote entspricht, kann dieser – an sich zu Ausgleichsleistungen führende – Mehrerwerb dadurch kompensiert werden, dass der betreffende Miterbe auch einen entsprechend größeren Teil der Verbindlichkeiten übernimmt.

Wie sich derartige Schulden in der Folgezeit bei den Miterben auswirken, hängt davon ab, mit welchem Vermögen sie in Zusammenhang stehen. So kann eine private Schuld der Erbengemeinschaft beim die Schuld übernehmenden Miterben zu einer Betriebsschuld werden, die den Schuldzinsenabzug ermöglicht.[2]

Der BFH[3] hat in Fällen, bei denen es um die Erbauseinandersetzung über Privatvermögen (Grundstücke) ging, die Ansicht vertreten, dass Anschaffungskosten vorliegen, wenn ein Miterbe mehr Nachlassvermögen übernimmt als ihm aufgrund seiner Erbquote zusteht, und er im Gegenzug Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft über seine Erbquote hinaus übernimmt. Erhält ein Miterbe also mehr Vermögen als seiner Erbquote entspricht, gehört nicht nur die Ausgleichszahlung, sondern auch die überquotale Schuldübernahme zu den Anschaffungskosten. Der BMF[4] hat diese Rechtsprechung mit einem Nichtanwendungserlass belegt.

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