Leitsatz

Ein in der Person des Erblassers entstandener aber nicht ausgeglichener Verlust kann der Erbe nur dann abziehen, wenn er durch die Verluste wirtschaftlich belastet wird.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Mutter zu je ½ Erbe nach seinem im Streitjahr verstorbenen Vater. Für das Streitjahr machte der Kläger 1/2 eines beim verstorbenen Vater entstandenen und nicht ausgenutzten Verlustes i. H. v. 163.079 EUR geltend. Das Finanzamt hat den Verlust nicht berücksichtigt, da nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil v. 5.5.1999, IX R 1/97, BStBl II 1999 S. 653) und die hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen (insbesondere H 10d EStH zu § 10d EStG sowie BMF, Schreiben v. 26.7.2002, IV A 5 - S 2225 - 2/02, BStBl I 2002 S. 667), eine Berücksichtigung nur erfolgen könne, wenn der Erbe aufgrund der Verluste des Erblassers wirtschaftlich belastet sei. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt. Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass der vom Vater nicht in Anspruch genommene verbliebene Verlust auch bei ihm - ebenso wie bei der Miterbin - zu berücksichtigen sei. Am 17.12.2007 habe zwar der Bundesfinanzhof (GrS 2/04, BStBl II 2008 S. 608) entschieden, dass ein in der Person des Erblassers entstandener Verlust nicht mehr auf den oder die Gesamtrechtsnachfolger übergehe. Das Bundesfinanzministerium wende diese Entscheidung aber erstmals auf Todesfälle nach dem 18.8.2008 an (BMF, Schreiben v. 24.7.2009, IV C 4 - S 2225/07/0006, BStBl I 2008 S. 809). Der Todesfall liege hier am 2.7.2006 und damit mehr als zwei Jahre vor dem vom Bundesfinanzministerium angeordneten Stichtag 18.8.2008.

 

Entscheidung

Die Klage ist nicht begründet. Nach der früheren Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 17. 5 1972, I R 126/70 BStBl II 1972 S. 621; H 10 d EStH 2006) konnte der Erbe Verluste des Erblassers nur dann abziehen, wenn er durch sie wirtschaftlich belastet war. Den Verlust des Erblassers "wirklich tragen" bzw. durch ihn "wirtschaftlich belastet" zu sein, bedeutet gerade nicht, dass es alleine darauf ankommt, ob der Erbe rechtlich für Schulden des Erblassers in Anspruch genommen werden kann. Es besagt vielmehr, dass der Erbe aufgrund der Verluste des Erblassers wirtschaftlich in seiner Einkommens- oder Vermögenssphäre belastet ist. Im Streitfall konnte zur Überzeugung des Finanzgerichts nicht festgestellt werden, dass der Kläger durch die "ererbten" Verluste wirtschaftlich belastet gewesen ist. Auch der Einwand, dass infolge der festgestellten Verluste sich die Erbmasse verringert hätte, so dass insgesamt ein geringeres Vermögen vererbt werden konnte, greift nicht durch, da für die Beurteilung, ob die Leistungsfähigkeit des Erben belastet ist, ausschließlich die Verhältnisse bei Eintritt des Erbfalles entscheidend sind.

 

Hinweis

Der Kläger hat inzwischen Revision beim Bundesfinanzhof (Az beim BFH IX R 9/16) eingelegt.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 27.01.2016, 4 K 253/11

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