1 Einleitung

 

Rz. 1

Steuerliche Bedeutung. Das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) stellt das wesentliche Instrument dar, um bei Körperschaften Vorgänge der Einkommenserzielung von Vorgängen der Einkommensverwendung abzugrenzen und sicherzustellen, dass auch andere Vorgänge der Einkommensverwendung als offene Gewinnausschüttungen (oGA), die durch schuld- oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen verdeckt werden, die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage der Körperschaft nicht beeinflussen. In der steuerlichen Betriebsprüfungspraxis stehen deshalb insbesondere Leistungsbeziehungen zwischen einer Körperschaft und ihren Gesellschaftern sowie diesen nahestehenden Personen stets auf dem steuerlichen Prüfstand. Nach Schätzungen werden ca. 85 % aller Einkünftekorrekturen auf der Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung vorgenommen.[1]

 

Rz. 2

Definition einer vGA. Der Begriff der vGA wird in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verwendet, ohne dass dieser Begriff gesetzlich definiert ist. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG beschränkt sich auf die Rechtsfolge einer vGA, wonach diese das Einkommen der Körperschaft nicht mindert. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erschöpft sich darin, dass vGA zu den sonstigen Bezügen gehören. Nach ständiger Rechtsprechung. des BFH ist eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht.[2] Die Unterschiedsbetragsminderung muss ferner die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (sog. Vorteilsgeneigtheit).[3] Eine vGA kommt mithin in Betracht, wenn die Vorteilsgewährung von einer Tochter- an ihre Muttergesellschaft bzw. – allgemein – von einer nachgeordneten Kapitalgesellschaft an einen unmittelbar oder mittelbar übergeordneten Gesellschafter erfolgt (siehe aber auch Rz. 70 ff.).

 

Rz. 3

Abgrenzung zur verdeckten Einlage. Im Gegensatz zu einer vGA beruht eine verdeckte Einlage – aus Sicht der Körperschaft, in deren Vermögen etwas verdeckt eingelegt wird – nicht auf einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung, sondern auf einer Vermögensmehrung der Gesellschaft, für die die Gefahr besteht, dass sie den Unterschiedsbetrag i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erhöht (hat), obwohl die Vermögensmehrung nicht durch die Körperschaft erwirtschaftet, sondern vom Gesellschafter zugewendet wurde.[4] Die Vorteilsgewährung erfolgt mithin in umgekehrter Richtung vom Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft. Von der verdeckten Einlage werden die Zuwendungen des Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft erfasst, ohne dass hierfür Gesellschaftsrechte gewährt werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person seiner Kapitalgesellschaft außerhalb gesellschaftsrechtlicher Einlagen Vermögensvorteile in Form bilanzierungsfähiger Wirtschaftsgüter (Wegfall/Verminderung eines Aktivpostens oder Begründung/Erhöhung eines Passivpostens) zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.[5] Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG erhöhen verdeckte Einlagen das Einkommen der Körperschaft grundsätzlich nicht. Allerdings gilt die Ertragsteuerneutralität einer verdeckten Einlage nach § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG insoweit nicht, als die verdeckte Einlage beim leistenden Gesellschafter zu einer Minderung seines Einkommens geführt hat.

[1] Vgl. Wassermeyer, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, Rz. 101, Stand 87. EL 2018.
[2] Diese Definition der vGA wurde erstmals durch BFH, Urteil v. 1.2.1989, I R 73/85, BStBl 1989 II S. 522 verwendet und entspricht nunmehr der ständigen Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil v. 2.2.1994, I R 78/92, BStBl 1994 II S. 479; BFH, Urteil v. 6.12.1995, I R 88/94, BStBl 1996 II S. 383; BFH, Urteil v. 19.1.2000, I R 24/99, BStBl 2000 II S. 545; BFH, Urteil v. 9.8.2000, I R 12/99, BStBl 2001 II S. 140.
[4] Vgl. Wassermeyer, in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, Rz. 453, Stand 87. EL 2018.
[5] Vgl. BFH, Urteil v. 19.2.1970, I R 24/67, BStBl 1970 II S. 442; BFH, Urteil v. 9.3.1983, I R 182/78, BStBl 1983 II S. 744; BFH, Urteil v. 16.4.1991, VIII R 100/87, BStBl 1992 II S. 234. Siehe hierzu im Einzelnen Baumhoff/Liebchen, in Mössner u. a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 2018, Rz. 4.26 ff. m. w. N.

2 Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA

2.1 Unterschiedsbetragsminderung/verhinderte Unterschiedsbetragsmehrung

 

Rz. 4

Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung. Eine vGA erfordert zunächst, dass auf Ebene der Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung vorliegt, die sich auf den bilanziellen Unterschiedsbetrag i. ...

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