Rz. 11

Sonderbedingungen für beherrschende Gesellschafter und diesen Nahestehende. Bei beherrschenden Gesellschaftern und diesen nahestehenden Personen (zum Begriff der nahestehenden Person vgl. Rz. 10) kommt der sog. formale Fremdvergleich zur Anwendung. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird in diesem Zusammenhang eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis indiziert, wenn es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt von der Kapitalgesellschaft bezahlt werden soll.[1] Das hat zur Folge, dass selbst bei Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung eine vGA dann angenommen wird, wenn Leistungsinhalt und -umfang nicht von vornherein klar und eindeutig vereinbart worden sind. Die zusätzliche Berücksichtigung solcher formaler Anforderungen beruht darauf, dass bei einem beherrschenden Gesellschafter strengere Anforderungen zu stellen sind, weil er eher "Möglichkeiten zur Gewinnmanipulation"[2] im Rahmen der Geschäftsbeziehung mit seiner Kapitalgesellschaft hat. In dieser Hinsicht hat der BFH auch für das konzerninterne Cash Pooling entschieden, dass die Vereinbarung nur von Mindest- und Höchstzinssätzen wegen des erheblichen Spielraums für die Berechnung der Zinsvergütung und der deshalb unbestimmten Zinsabrede den vorgenannten Anforderungen an den formalen Fremdvergleich nicht entspricht.[3] Besteht keine klare, von vornherein abgeschlossene, zivilrechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Vereinbarung, wird die gesamte Vereinbarung als nicht schuldrechtlich, sondern im Gesellschaftsverhältnis veranlasst angesehen (vGA dem Grunde nach). Die Unterschiedsbetragsminderung oder verhinderte Unterschiedsbetragsmehrung ist insofern in vollem Umfang durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und deshalb in vollem Umfang vGA (sog. totale vGA). Auf die materielle Angemessenheit der Vergütung selbst kommt es demgegenüber nicht an. Mit anderen Worten liegt eine vGA selbst dann und in vollem Umfang vor, wenn das Entgelt angemessen ist.

 

Rz. 12

Widerlegbare Vermutung/Beweismaßreduzierung. Dem Fehlen einer klaren, von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung kommt nach dem Beschluss des BVerfG v. 7.11.1995[4] keine absolute, sondern lediglich indizielle Wirkung zu. Sie ist mithin ein Beweisanzeichen. Formale Mängel bewirken eine Beweismaßreduzierung zulasten des Steuerpflichtigen, indem die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis widerlegbar vermutet wird. Es ist dann an dem Steuerpflichtigen, darzulegen, dass sein abweichendes Verhalten durch "good business reasons" bedingt war. Insofern mögen auch Fremdvergleichsgesichtspunkte angeführt werden können, die auf vergleichbare und ebenso nicht hinreichend klare Vereinbarungen zwischen fremden Dritten abzielen.[5] Jedenfalls muss aus keiner oder einer nur unvollständigen Berücksichtigung formaler Anforderungen nicht zwangsläufig eine vGA folgen. Gelingt der Nachweis, wird von dem Ansatz einer vGA abgesehen.

 

Rz. 13

Relevanter Personenkreis/beherrschender Gesellschafter. Die formalen Anforderungen beschränken sich auf beherrschende Gesellschafter und diesen nahestehende Personen (zum Begriff der nahestehenden Person vgl. Rz. 10). Ob ein Gesellschafter beherrschend ist, bestimmt sich zunächst auf Grundlage der Beteiligungsquote am Nennkapital, wobei davon ausgegangen wird, dass eine Beteiligungsquote von mehr als 50 % die Möglichkeit vermittelt, Mehrheitsbeschlüsse herbeizuführen und hierdurch auf die Körperschaft einen beherrschenden Einfluss auszuüben.[6] Weichen die Beteiligung am Nennkapital und die Stimmrechte voneinander ab, ist die Mehrheit der Stimmrechte maßgeblich. Hierbei sind die satzungsmäßigen Anforderungen an Mehrheitsbeschlüsse für bestimmte Geschäfte (qualifizierte Mehrheit) zu berücksichtigen und ggf. auf die satzungsmäßige Stimmrechtsmehrheit abzustellen. Allerdings sind hierbei auch andere Möglichkeiten der Willensdurchsetzung als über die selbst innehabende Mehrheit der Stimmrechte zu berücksichtigen (Stimmrechtsbindungsverträge, unwiderrufliche Stimmrechtsvollmachten).[7] Im Hinblick auf die zeitlichen Anforderungen muss die Mehrheitsbeteiligung zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bestehen und nicht erst zeitlich nachfolgend entstehen oder zeitlich vorausgehend bestanden haben, wobei allerdings ein ggf. bestehender zeitlicher Zusammenhang zwischen dem fraglichen Geschäft und der beherrschenden Stellung zu berücksichtigen ist.[8] Eine beherrschende Stellung ist ferner auch bei einer Beteiligung am Nennkapital bzw. bei Stimmrechten von weniger als 50 % gegeben, wenn mehrere Gesellschafter – als Personengruppe – gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen haben und entsprechend diesen Interessen zur Herbeiführung einer einheitlichen Willensbildung zusammenwirken.[9] Hierbei ist das Bestehen etwaiger gleichgerichteter wirtschaftlicher Interessen für jede Vertragsbeziehung gesondert zu beurteilen. Ferner ist ein ...

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