Rz. 18

Nach dem sog. Weltabschlussprinzip des § 294 Abs. 1 HGB sind grundsätzlich alle Tochterunternehmen – gleich welcher Rechtsform sowie unabhängig von deren Sitz – in den Konzernabschluss einzubeziehen. Die Tochterunternehmen betreffend ist der Verbundbegriff insoweit rechtsform- und sitzlandunabhängig. Indem die Konzernrechnungslegungspflicht nach § 290 HGB erst dann einsetzt, wenn das Mutterunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wird, wäre der Unternehmensverbund beim Mutterunternehmen rechtsformspezifisch eingeengt. Diese Einengung wird jedoch gegenstandslos, wenn das als Nicht-Kapitalgesellschaft geführte Mutterunternehmen seinerseits in einen Konzernabschluss einbezogen wird oder aber einen befreienden Konzernabschluss aufstellen könnte.[1] Aufgrund der multilateralen Verbundbeziehungen, die durch den Konzerntatbestand geschaffen werden, ist in diesen Fällen auch das als Nicht-Kapitalgesellschaft geführte Mutterunternehmen als verbundenes Unternehmen zu betrachten. Nach dem Wortlaut des § 271 Abs. 2 HGB wäre aber in einem einstufigen Konzern, in dem eine Nicht-Kapitalgesellschaft Mutterunternehmen ist, keine Verbundbeziehung gegeben.

 

Rz. 19

Der Unternehmensverbund setzt sowohl bei dem Mutter- als auch Tochterunternehmen unabdingbar die Unternehmenseigenschaft voraus. Da nach vorherrschender Ansicht kein einheitlicher Unternehmensbegriff existiert und auch die Rechtsprechung bislang von einer allgemeingültigen Definition abgesehen hat, kann er nur entsprechend der jeweiligen Zweckbestimmung des betreffenden Rechtsgebiets abgegrenzt werden.[2] Ohne an dieser Stelle die im Schrifttum nach wie vor kontrovers geführte Diskussion um eine adäquate Auslegung des handelsrechtlichen Unternehmensbegriffs weiter zu vertiefen, liegt es als Arbeitshypothese nahe, den "Unternehmensbegriff mit der Pflicht zur kaufmännischen Buchführung zu verknüpfen."[3] Die handelsrechtliche Verpflichtung zur Buchführung gem. der §§ 238 bzw. 242 HGB knüpft an die Kaufmannseigenschaft an, wie sie sich aus den §§ 1 ff. HGB ergibt. Somit wäre ein Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB nur dann gegeben, wenn die Kaufmannseigenschaft i. S. d. Handelsrechts erfüllt ist.

Eine natürliche Person und damit auch ein Einzelkaufmann, der etwaige Kapitalanteile nicht im Betriebs-, sondern allein im Privatvermögen hält, kann insoweit nicht als Bestandteil einer Unternehmensverbindung betrachtet werden.[4]

[1] Vgl. Rz. 22 ff.
[2] Vgl. stellvertretend Küting, BFuP 2015, S. 21 (28 f.) m. w. N.
[3] IDW, WPH Edition Wirtschaftsprüfung und Rechnungslegung, 16. Aufl. 2019, Rz. C 326.
[4] Vgl. so etwa auch Clausen, Verbundene Unternehmen im Bilanz- und Gesellschaftsrecht, 1992, S. 55, ebenso wie Nösser, Verbundene Unternehmen im Bilanzrecht, 1992, S. 31.

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