4.1 Grundsätze

Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehen ein Widerrufsrecht[1] zu.[2] § 355 Abs. 1 BGB regelt, wie der Widerruf erfolgt.

Im Darlehensvertrag müssen Angaben zur Frist und zu anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers enthalten sein, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben.[3]

 
Praxis-Tipp

Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge nutzen

Der Darlehensgeber ist mit der Widerrufsbelehrung auf der sicheren Seite, wenn er das "Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge" benutzt. Dieses ist als Anlage 7 zum Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB abgedruckt.[4]

Die Bank kann sich nicht auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung berufen, wenn in der Widerrufsbelehrung eines Kreditvertrags nach der Frist eine hochgestellte Zahl auf eine am unteren Seitenrand des Formulars abgedruckte Fußnote mit folgendem Text verweist: "Bitte Frist im Einzelfall prüfen."[5]

Die Wendung in einem Verbraucherdarlehensvertrag, die Widerrufsfrist beginne "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat", informiert für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist.[6]

Nach Abschluss des Darlehensvertrags kann der Verbraucher seine Willenserklärung innerhalb von 14 Tagen per Brief oder Fax oder E-Mail widerrufen und damit den Vertrag aus der Welt schaffen.[7] Gründe muss er nicht angeben. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Hat der Verbraucher das Darlehen bereits erhalten, muss er dieses innerhalb von 30 Tagen zurückzahlen.[8] Zusätzlich muss er für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehensbetrags den vereinbarten Sollzins entrichten.[9] Die Frist zur Rückzahlung beginnt mit der Abgabe der Widerrufserklärung.[10]

Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat.[11] Enthält die dem Darlehensnehmer zur Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben gem. § 492 Abs. 6 BGB. In diesem Fall beträgt die Widerrufsfrist einen Monat.[12]

Besteht das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers allein deshalb fort, weil die Bank in der Widerrufsinformation eine 30-tägige Widerrufsfrist angegeben hat, und sich deshalb nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 EGBGB § 6 Abs. Abs. 2 Satz 3 EGBGB a. F. für das Muster der Anlage 7 stützen kann, ist die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Darlehensnehmer ein missbräuchliches Ausnutzen einer lediglich formalen Rechtsstellung.[13]

Hat der Darlehensnehmer im Falle einer unzureichenden Widerrufsbelehrung beim Verbraucherdarlehensvertrag nicht sofort reagiert und den Darlehensbetrag nicht zurückgezahlt, ist das Widerrufsrecht verwirkt.[14]

Bei einer Heilung der Formnichtigkeit nach § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB durch Empfang des Darlehens beginnt die Widerrufsfrist für den Darlehensnehmer erst zu laufen, wenn er eine Abschrift des Darlehensvertrags mit den geänderten Bedingungen[15] erhalten hat.[16]

Bei einer unechten Abschnittsfinanzierung[17] steht einem Verbraucher kein Widerrufsrecht zu, wenn nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist mit der darlehensgebenden Bank lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenanpassung entsprechend dem ursprünglich geschlossenen Darlehensvertrag vollzogen wird.[18]

Treffen die Parteien zur Finanzierung der Schlussrate eines Darlehensvertrages eine weitere Vereinbarung, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um eine Anpassung der Konditionen (unechte Abschnittsfinanzierung), um ein Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunktes (Prolongation) oder um einen neuen, unabhängigen Darlehensvertrag handelt.[19]

Wenn sich der Verbraucher in erster Linie von einem Kaufvertrag lösen möchte, für den ihm kein eigenes Widerrufsrecht zusteht, ist die Ausübung eines Widerrufsrechts in einem mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucher-Darlehensvertrag nicht schon deswegen rechtsmissbräuchlich. Gleiches gilt für den Fall, dass der Verbraucher den finanzierten Gegenstand ungeachtet der Erklärung des Widerrufs im verbundenen Darlehensvertrag weiternutzt.[20]

Das Recht zum Widerruf eines für die Finanzierung eines Kfz-Kaufs abgeschlossenen Darlehens kann verwirkt werden.[21]

[2] Weidenkaff, in Grüneberg, Kommentar zum BGB 82. Aufl., § 495 BGB.
[3] Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB; LG Münster, Urteil v. 29.12.2015, 14 O 203/15.
[4] OLG Brandenburg, Urteil v. 26.6.2020, 4 U 147/17; BGH, Urteil v. 10.3.2009, XI ZR 33/08, MDR 2009 S. 820: Irreführende Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Verbraucherdarl...

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