OFD Karlsruhe, 1.2.2013, S 2253

Nach § 21 Absatz 2 EStG in der Fassung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2011 ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 % (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2003: 50 %) der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Es bedarf für den vollen Werbungskostenabzug außerdem einer positiven Totalüberschussprognose, wenn die tatsächliche Miete mehr als 56 %, jedoch weniger als 75 % der ermittelten Vergleichsmiete beträgt.

Für Veranlagungszeiträume ab 2012 ist in Fällen einer verbilligten Vermietung von Wohnraum von weniger als 66 % der ortsüblichen Miete ohne Prüfung einer Totalüberschussprognose generell eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil vorzunehmen.

Bei Erreichen der Grenze von 66 % der ortsüblichen Miete ist nach § 21 Absatz 2 Satz 2 EStG Vollentgeltlichkeit anzunehmen und ein ungekürzter Werbungskostenabzug zuzulassen. Die bislang nach BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 5.11.2002, IX R 48/01, BStBl 2003 II S. 646) und Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 8.10.2004, BStBl 2004 I S. 933) vorzunehmende Totalüberschussprognoseprüfung entfällt dadurch, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung bei Erreichen der Prozentgrenze Vollentgeltlichkeit bestimmt.

Unter ortsüblicher Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist nach R 21.3 EStR 2008 die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Zweiten Berechnungsverordnung (bis 31.12.2003: § 27 Abs. 1 der II. BVO ; ab 1.1.2004: § 2 der BetrKV, BGBl 2003 I S. 2346, 2347) umlagefähigen Kosten zu verstehen. Die Höhe der ortsüblichen Miete kann anhand von Fremdmieten im selben Haus, Mietspiegeln (erhältlich bei der Stadtverwaltung oder beim örtlichen Mieterverein), Grundstücksmarktberichten der Gutachterausschüsse oder Aufstellungen von Wohnungsvermittlern, die im Internet einsehbar sind, ermittelbar sein. Für die Fälle, in denen die ortsübliche Vergleichsmiete nicht auf die vorstehende Weise festgestellt werden kann, haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder für Zwecke der Prüfung der Vollentgeltlichkeit gemäß § 21 Absatz 2 EStG folgende Regelung zur alternativen Ermittlung der ortsüblichen Miete/Vergleichsmiete beschlossen:

Ausgangsgröße für die Ermittlung dieser Vergleichsmiete ist die bundesdurchschnittliche Bruttokaltmiete je qm für Wohnungen lt. der Mikrozensus-Zusatzerhebung 2006 (Veröffentlicht auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes > Publikationen > Thematische Veröffentlichungen > Bauen > Bestand und Struktur der Wohneinheiten). Die maßgebende Tabelle ist regional unterteilt in „Früheres Bundesgebiet ohne Berlin” und „Neue Länder einschließlich Berlin”. Die sich hieraus ergebene Bruttokaltmiete ist anhand des Preisindex für Mieten mit einer jährlichen Steigerung um 1,15 % für den jeweiligen Veranlagungszeitraum fortzuschreiben. Diese fortgeschriebene Bruttokaltmiete ist anschließend nach der zutreffenden Mietstufe (die Liste der Mietenstufen für die Gemeinden ist abrufbar unter http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/33498/publicationFile/11013/liste-der-mietenstufen-der-gemeinden.pdf) gemäß § 12 Absatz 5 Wohngeldgesetz zu regionalisieren.

Für die Gemeinden/Kreise in Niedersachsen ergeben sich Mietenstufen von I bis VI. Für die Berechnung ist grundsätzlich vom unteren Mietenniveauwert auszugehen, z.B. für die Mietenstufe II minus 15 %, III minus 5 % (vgl. dazu Beispiele in der Anlage 4).

Im Falle der Vermietung von Ein- und Zweifamilienhäusern ist aufgrund der höheren Wohnqualität vom Mittelwert der jeweiligen Stufe auszugehen.

Der ermittelte Wert – die Vergleichsmiete – ist als Nichtbeanstandungsgrenze zu verstehen. Wird bei der Prüfung die Grenze des § 21 Abs. 2 EStG unterschritten, bleibt es dem Steuerpflichtigen unbenommen, durch andere geeignete Unterlagen nachzuweisen, dass die tatsächliche Miete die nach Art, Lage und Ausstattung ortsübliche Miete um nicht mehr als 44 % (Veranlagungszeiträume bis 2011) bzw. 34 % (für Veranlagungszeiträume ab 2012) unterschreitet.

Bei der Prüfung der verbilligten Überlassung von Wohnraum ist zu beachten, dass die Werte rechnerisch vergleichbar sein müssen:

In den Mietspiegeln werden Nettokaltmieten (ohne Betriebs- und Heizkosten) zugrunde gelegt. Die vorstehende Bruttokaltmiete setzt sich aus der Grundmiete und den „kalten” Betriebskosten zusammen. Unter Grundmiete wird der monatliche Betrag verstanden, der mit dem Vermieter als Entgelt für die Überlassung der ganzen Wohneinheit vereinbart war. Unter den „kalten” Betriebskosten versteht man die monatlich aufzuwendenden Beträge für Wasser, Kanalisation, Abwasserbeseitigung, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Hausreinigung und -beleuchtung, Schornsteinreinigung, Hauswart und Hausverwaltung, öffentliche Lasten, z.B. Grundsteuer, Gebäudeversicherungen, Kabelanschluss, Hausaufzug, Dienstlei...

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