Bei der Prüfung des Leistungsortes und daran anschließend der Steuerbarkeit, ist zu differenzieren, ob es sich um eine physische oder virtuelle Veranstaltung handelt. Im Falle einer Präsenzveranstaltung ist weiter entscheidend, an welchem Ort die Veranstaltung tatsächlich stattfindet.

Anzuraten ist weiter eine Differenzierung von B2C- und B2B-Konstellationen. Hier war bis 2022 insbesondere bei B2B-Kunden die Beurteilung im Weiteren davon abhängig, ob es sich um eine nicht der Öffentlichkeit zugängliche Veranstaltung (z. B. Inhouse-Seminar) handelt.

Im Falle der virtuellen Teilnahme ist bereits für die Leistungsortbestimmung zu differenzieren zwischen B2C- und B2B-Kunden. Entsprechendes gilt dann auch für die Steuerschuldnerschaft, die grds. nur bei B2B-Kunden auf den Empfänger übergehen kann (Reverse-Charge Verfahren).

Zu beachten ist dabei, dass die Steuerschuldumkehr nicht greift für die Einräumung der Eintrittsberechtigung für Messen, Ausstellungen und Kongresse im Inland.[1]

2.1 Änderung der deutschen Beurteilung

Aufgrund der Entscheidung des EuGH[1] hat das BMF Abschn. 3a.6 UStAE mit Wirkung zum 8.6.2021 geändert.[2] Abschn. 3a.6 Abs. 13 UStAE wurde aufgehoben und ein Abschn. 3a.7a UStAE neu eingeführt. Vor dem Hintergrund, dass eine Sofortwirkung in der Praxis kaum zu realisieren war, nahm das BMF im August 2021 eine Nichtbeanstandungsregelungfür Sachverhalte bis zum 1.1.2022 auf.[3]

Änderungen ergeben sich insbesondere im Bereich von unterrichtenden oder wissenschaftlichen Veranstaltungen (z. B. Seminaren), die nicht der Allgemeinheit zugänglich sind, wie Inhouse-Seminare, da dies ein dem Grunde nach nicht mehr zu beachtendes Kriterium ist.

Die bis dato dazu im UStAE aufgeführten Beispiele wurden ersatzlos gestrichen.

Ein Inhouse-Seminar liegt vor, wenn der Auftraggeber bzw. Veranstalter zugleich Arbeitgeber ist und seine Arbeitnehmer ohne zusätzliches Entgelt schult. Die Eintrittsberechtigung wird diesen aufgrund ihres Status „Arbeitnehmer“ gewährt.[4]

Der Unterschied zu anderen geschlossenen Seminaren ist, dass bei diesen zwar auch ausgewählte Personen teilnehmen dürfen, beim Inhouse-Seminar jedoch keine Eintrittsberechtigungen gegen Entgelt eingeräumt werden.

Die Voraussetzungen nach Art. 53 MwStSystRL bzw. § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG i. V. m. §§ 32 f. MwStSystRL-DVO dürften demnach vielfach nicht vorliegen.[5] Insbesondere aus dem Verfahren „Srf konsulterna“[6] geht hervor, dass eine Veranstaltung i. S. d. Art. 53 MwStSystRL nur vorliegen kann, wenn der Dienstleistende die Anzahl der Personen kontrolliert und von den Steuerpflichtigen eine Gebühr pro Person verlangt.[7]

Dies wird bei Inhouse-Seminaren häufig nicht der Fall sein, vielmehr wird der Vortragende eine feste Vergütung erhalten, unabhängig von der Personenzahl der Teilnehmer.

Die Folgen insbesondere administrativer Art sind immens, sofern der Veranstalter oder die Teilnehmer nicht im Veranstaltungsland ansässig sind. Im Zweifelsfall muss sich der Veranstalter für steuerliche Zwecke registrieren lassen, wenn kein Reverse-Charge-Verfahren Anwendung findet. Die teilnehmenden Unternehmen werden, falls sie im betreffenden Staat nicht ansässig sind bzw. steuerbare Umsätze ausführen, für die sie die Umsatzsteuer schulden, ins Vorsteuervergütungsverfahren getrieben, was wiederum nur anwendbar ist bei Gegenseitigkeit.[8]

[4] Gries/Pickelmann, MwStR 2022, S. 142, 146.
[5] Gries/Pickelmann, MwStR 2022, S. 142, 147.
[7] Vgl. Schlussanträge Generalanwältin Sharpston v. 10.1.2019, C-647/17 (Srf konsulterna), Rn. 53, 82.
[8] § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG. Zu aktuellen sog. "Gegenseitigkeitsliste" s. BMF, Schreiben v. 15.3.2021, BStBl 2021 I S. 381.

2.2 B2C-Konstellationen

2.2.1 Präsenzseminare

Ist der Leistungsempfänger Nichtunternehmer bzw. handelt er nicht für sein Unternehmen (B2C) bestimmt sich der Leistungsort grds. danach, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (Unternehmensortprinzip).[1]

Dies greift jedoch nicht, sofern eine Ausnahme (hier § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a UStG) einschlägig ist. Die Regelung spricht allgemein von Veranstaltungsleistungen die u. a. wissenschaftlichen, unterrichtenden Zwecke dienen, worunter auch Seminare zu fassen sind. Der Leistungsort bestimmt sich in diesem Falle danach, wo die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird (Tätigkeits-/Veranstaltungsortprinzip). Die Leistungsortbestimmung gilt auch in den Fällen des Ticketverkaufs.[2]

2.2.2 Online-Seminare

Anders ist dies bei Onlineseminaren (Webinare usw.). Es mangelt an der physischen Zusammenkunft und der Unternehmer kann die Leistung von einem beliebigen Standort aus erbringen. Der Kunde muss sich lediglich in das Seminar einwählen. Einen konkreten Veranstaltungsort festzustellen, würde mitunter schwierig bis unmöglich sein und erhebliche Gestaltungsspielräume eröffnen. ...

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