Den steuerpflichtigen Nebeneinkünften werden weitgehend diejenigen Einkünfte gleichgestellt, die zwar steuerfrei sind, aber dem Progressionsvorbehalt[1] unterliegen.[2] Ein Arbeitnehmer erfüllt daher den Tatbestand der Pflichtveranlagung, wenn die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden positiven Einkünfte im Jahr mehr als 410 EUR betragen. Das sind z. B. folgende Fälle:

  • Der Arbeitnehmer hat steuerfreie Lohnersatzleistungen von mehr als 410 EUR bezogen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (z. B. Kurzarbeitergeld, Elterngeld).
  • Der Ehegatte des Arbeitnehmers hat Einkünfte aus dem Ausland bezogen, die im Inland steuerfrei bleiben, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Hat einer der Ehegatten hohe Einkünfte bezogen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, kann ein Antrag auf Ehegatten-Einzelveranlagung Vorteile bringen. Dadurch entfällt die Erhöhung des Steuersatzes wegen der steuerfreien Einkünfte. Andererseits werden die Einkünfte des anderen Ehegatten nicht nach dem Splittingtarif, sondern nach dem Grundtarif besteuert. Im Einzelfall lässt sich oft nur durch eine genaue Kontrollrechnung feststellen, welche Lösung günstiger ist.

Der Veranlagungstatbestand der steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Nebeneinkünfte ist rechtlich unabhängig von dem Veranlagungstatbestand der steuerpflichtigen Nebeneinkünfte. Diese beiden Arten von Nebeneinkünften dürfen deshalb nicht zusammengerechnet werden. Bezieht der Arbeitnehmer

  • steuerpflichtige Nebeneinkünfte von nicht mehr als 410 EUR sowie
  • daneben steuerfreie, dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen von ebenfalls nicht mehr als 410 EUR

liegt keine Pflichtveranlagung vor.

 
Praxis-Beispiel

Steuerpflichtige und steuerfreie Nebeneinkünfte in einem Veranlagungsjahr

Der Steuerpflichtige hat im Veranlagungsjahr zusätzlich zu seinem Arbeitslohn mit Steuereinbehalt Nebeneinkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 400 EUR erzielt. Darüber hinaus war er ein paar Tage arbeitslos gemeldet und erhielt 300 EUR Arbeitslosengeld.

In diesem Fall müssen die beiden Tatbestände der steuerpflichtigen und steuerfreien Nebeneinkünfte getrennt voneinander betrachtet werden. Die steuerpflichtigen Nebeneinkünfte übersteigen die 410-EUR-Grenze nicht und auch die gesondert zu prüfenden steuerfreien Nebeneinkünfte liegen unterhalb der 410 EUR. Somit greift § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht und es handelt sich um eine Antragsveranlagung.

Im Übrigen gelten für die steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Nebeneinkünfte dieselben Regelungen wie für steuerpflichtige Nebeneinkünfte. Positive und negative steuerfreie Nebeneinkünfte (negativer Progressionsvorbehalt) sind zu saldieren. Die Nebeneinkünfte von Ehegatten sind bei der Wahl der Zusammenveranlagung entsprechend zusammenzurechnen.

Ein wichtiger Unterschied besteht allerdings hinsichtlich des Härteausgleichs: Für steuerfreie, dem Progressionsvorbehalt unterliegende Nebeneinkünfte wird kein Härteausgleich gewährt.

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