Leitsatz

Die Gewährung eines Darlehens oder die Übernahme einer Bürgschaft für eine Aktiengesellschaft durch einen Aktionär, der an der Gesellschaft nicht unternehmerisch beteiligt ist, führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG, § 255 Abs. 1 S. 2 HGB

 

Sachverhalt

Herr K. war an einer Medien-GmbH wesentlich beteiligt. Für sie übernahm er 1999 eine Höchstbetragsbürgschaft und gewährte ein Darlehen. Später wurde die GmbH in eine AG umgewandelt und Herr K. hielt 13,5 % des Stammkapitals. 2001 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr K. 2002 aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Bei der Berechnung des Auflösungsverlusts in seiner Steuererklärung 2001 machte er die Aufwendungen für seine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft geltend.

Das FA lehnte das ab; das FG hingegen (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2006, 12 K 6536/04, Haufe-Index 1644167, EFG 2006, 1898) gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf Revision des FA auf und wies die Klage ab. Er konnte durchentscheiden, da Herr K. nicht unternehmerisch an der AG beteiligt und deshalb das Kapitalersatzrecht nicht anzuwenden war. Der BFH sah auch keine besonderen Umstände darin, dass Herr K. die Bürgschaft bereits für die Vorgänger-GmbH übernommen hatte. Denn für die persönliche Geltung der Eigenkapitalersatzregeln kommt es auf die Verhältnisse nach Kriseneintritt an.

 

Hinweis

1. Die Frage, die der BFH hier beantworten musste, war, ob bei Aktionären eine Ausnahme zu machen ist von der Verknüpfung des zivilrechtlichen Kapitalersatzrechts mit der steuerrechtlichen Beurteilung von Anschaffungskosten.

2. Nachträgliche Anschaffungskosten i.S.v. § 255 Abs. 1 S. 2 HGB einer Beteiligung sind im Anwendungsbereich des § 17 EStG auch Finanzierungshilfen, z.B. durch Übernahme einer Bürgschaft oder durch andere Rechtshandlungen i.S.d. § 32a Abs. 3 GmbHG, wenn sie eigenkapitalersetzendenCharakter haben. Damit reagiert die ständige Rechtsprechung auf den Umstand, dass § 17 EStG anders als z.B. § 23 EStG den Veräußerungs- oder Auflösungsgewinn ermittelt, ohne Werbungskosten zu berücksichtigten. Aus Gründen des objektiven Nettoprinzips wird der Begriff der nachträglichen Anschaffungskosten weit ausgelegt.

3. Um dieses Kapitalersatzrecht bei einer AG anzuwenden, muss der Darlehensgeber an ihr unternehmerischbeteiligt sein – und das setzt Aktienbesitz von mehr als 25 % voraus. Soweit das Zivilrecht. Muss das Steuerrecht dem folgen? Oder lässt es eine nicht unternehmerische Beteiligung genügen?

4. Der IX. Senat bejaht die erste und verneint die zweite Frage. Finanzierungsmaßnahmen führen zu nachträglichen Anschaffungskosten nur dann, wenn sie als Ersatz für Eigenkapital zu betrachten und deshalb ebenso wie dieses gesetzlich gebunden sind (= funktionales Eigenkapital). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist der Gesellschafter wie jeder Drittgläubiger zu behandeln. Seine Entscheidung, der Gesellschaft nicht Eigenkapital, sondern Fremdkapital zur Verfügung zu stellen, ist steuerrechtlich zu respektieren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 02.04.2008, IX R 76/06

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