Rz. 991

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG ist für GmbHs ein Aufsichtsrat einzurichten, der zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern besteht, wenn die GmbH im Inland "in der Regel" mehr als 500 Arbeitnehmer und nicht mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt und kein "Tendenzunternehmen" ist. Im Einzelnen:

 

Rz. 992

Nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist bei Ermittlung der für die Drittelbeteiligung maßgeblichen Arbeitnehmerzahlen ausschließlich auf die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen; Arbeitnehmervertreter ausländischer Betriebe sind für die Ermittlung des Schwellenwertes nicht zu berücksichtigen.[1] Der EuGH hat in seinem Urteil v. 18.7.2017[2] für das aktive und passive Wahlrecht bestätigt, dass die Nichtberücksichtigung im Inland beschäftigter Arbeitnehmer nicht europarechtswidrig ist.

 

Rz. 993

Für die Ermittlung des Schwellenwertes maßgeblich sind nach § 3 Abs. 1 DrittelbG Arbeitnehmer i. S.d von § 5 Abs. 1 BetrVerfG mit Ausnahme der in § 3 Abs. 3 DrittelbG bezeichneten leitenden Angestellten. Danach zählen als Arbeitnehmer alle bei der GmbH beschäftigten Vollzeitkräfte, Teilzeitkräfte, Auszubildende, für die GmbH überwiegend tätige Heimarbeiter und verliehene Heimarbeiter sowie an die Gesellschaft ausgeliehene Arbeitnehmer, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt (zu Letzterem: § 14 Abs. 2 Satz 5 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz). Nicht als Arbeitnehmer gelten Geschäftsführer und leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVerfG, also solche Arbeitnehmer,die nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb (i) zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind oder (ii) Generalvollmacht oder Prokura haben und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder (iii) sonstige Aufgaben wahrnehmen, "die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein".[3]

 

Rz. 994

Ein obligatorischer Aufsichtsrat nach DrittelbG muss (nur) dann eingerichtet werden, wenn die Gesellschaft in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer im Inland hat. Maßgeblich ist der tatsächliche Personalstand im Beurteilungszeitpunkt dann, wenn davon auszugehen ist, dass es sich hierbei um die für den regulären Betrieb "normale" Unternehmensgröße handelt[4], also die Überschreitung nicht auf kurzzeitigen oder saisonbedingten Schwankungen beruht.[5] Um Letzteres zu beurteilen, ist die aus der Vergangenheit abgeleitete zukünftige Entwicklung des Unternehmens und der dafür erforderliche Personalbestand zu prognostizieren. Nur dann, wenn davon auszugehen ist, dass es sich bei dem den Schwellenwert von 500 Arbeitnehmern überschreitenden Personalbestand um einen kurzzeitigen Spitzenwert handelt, der jedoch nicht nachhaltig im regulären Betrieb erforderlich sein wird, kann von der Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrats abgesehen werden. Diese Prognose ist unter Berücksichtigung aller für das Unternehmen maßgeblichen Umstände anzustellen[6], und zwar für einen Zeitraum, der in Rechtsprechung und Literatur zwischen 6 Monaten[7] und 20 Monaten schwankt.[8]

 

Rz. 995

Im Gründungsstadium, also vor Eintragung der GmbH im Handelsregister, ist nach h. M. in entsprechender Anwendung von § 104 AktG kein obligatorischer Aufsichtsrat einzurichten.[9] Dies gilt nach h. M. auch dann, wenn bei der Sachgründung einer GmbH ein Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern eingebracht wird.[10]

 

Rz. 996

Im Konzern werden im Rahmen des DrittelbG (anders nach MitbestG: s. Rn. 1024) für die Ermittlung des Schwellenwerts (anders für das aktive Wahlrecht: s. Rn. 1005) dem herrschenden Unternehmer (nur) die Arbeitnehmer solcher abhängiger Unternehmen zugerechnet, (i) mit denen das herrschende Unternehmen einen Beherrschungsvertrag abgeschlossen hat; welche Rechtsform das abhängige Unternehmen hat, spielt dabei keine Rolle,[11] (ii) oder wenn das abhängige Unternehmen nach § 319 AktG in das herrschende Unternehmen eingegliedert ist (§ 2 Abs. 2 DrittelbG). Für die Alternative (i) reicht ein Ergebnisabführungsvertrag ohne Vereinbarung, dass das abhängige Unternehmen der Leitung des herrschenden Unternehmens unterstellt wird (also ohne Beherrschungsvertrag gem. § 291 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. AktG), ebenso wenig aus wie die nur faktische Beherrschung.[12] Bei der GmbH & Co. KG werden im Rahmen des DrittelbG (anders nach MitbestG: s. Rn. 1025) die Arbeitnehmer der KG der Komplementär-GmbH nicht zugerechnet.[13]

 

Rz. 997

Das DrittelbG ist nicht anzuwenden auf

  • sog. Tendenzbetriebe, also Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend poli...

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