Rz. 917

Vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag gilt für die Bestellung der Mitglieder des fakultativen Aufsichtsorgans: Die Organmitglieder werden gem. § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG durch die Gesellschafterversammlung gewählt. Die Wahl erfolgt im Wege der Beschlussfassung gem. § 47 Abs. 1 GmbHG,[1] die einfache Mehrheit reicht grundsätzlich aus. Zusätzlich ist die Annahme durch das Organmitglied erforderlich; sie ist gegenüber der Gesellschafterversammlung oder dem Beiratsvorsitzenden, bei Bestellung durch einen Dritten diesem gegenüber zu erklären.[2]

 

Rz. 918

Der Gesellschaftsvertrag kann von Vorstehendem abweichende Regelungen treffen. So kann der Gesellschaftsvertrag

  • die Wahl der Beiratsmitglieder einem anderen Organ oder Gremium übertragen,
  • einzelnen Gesellschaftern oder Gesellschaftergruppen/-stämmen Entsende- oder Vorschlagsrechte einräumen,
  • einzelnen Gesellschaftern oder Gesellschaftergruppen/-stämmen hinsichtlich gewählter oder entsandter Organmitglieder Zustimmungsvorbehalte oder Vetorechte einräumen oder
  • die Kooptation von Ersatzmitgliedern bei Wegfall von Organmitgliedern vorsehen.
 

Rz. 919

Die Übertragung der Wahlkompetenz auf andere Organe und Gremien ist grundsätzlich möglich. Eine Übertragung auf die Geschäftsführer als solche ist hingegen nicht zulässig[3], da ansonsten die Gefahr bestünde, dass die Geschäftsführung "willfährige" Aufsichtsorganmitglieder aussucht und dadurch die Überwachungsfunktion des Organs geschwächt werden könnte. Ein Vorschlagsrecht kann Geschäftsführern jedoch zugestanden werden, soweit die endgültige Entscheidung einem anderen Organ/Gremium obliegt.[4] Eine Beteiligung von Gesellschafter-Geschäftsführern an der Wahl ist hingegen unproblematisch, denn in diesem Fall treten sie nicht in ihrer Funktion als Geschäftsführer auf.[5] Gesellschafter können mit ihren Stimmen auch sich selbst zu Mitgliedern des Aufsichtsorgans wählen, § 47 Abs. 4 GmbHG ist auf die Bestellung von Organmitgliedern nicht anwendbar.[6]

 

Rz. 920

Der Gesellschaftsvertrag kann Gesellschaftern Entsenderechte einräumen, wobei der Gesellschaftsvertrag in diesem Fall klar stellen sollte, ob es sich hierbei um mitgliedschaftliche Sonderrechte (§ 35 BGB) handelt, die mit der Person des betreffenden Gesellschafters oder mit der Inhaberschaft bestimmter Geschäftsanteile verbunden sind und im letzteren Fall bei Übertragung der Geschäftsanteile auf den neuen Gesellschafter übergehen. Wurde auf Grundlage eines solchen Sonderrechts ein Organmitglied bestellt, bedarf dessen Abberufung ebenso wie die Aufhebung des Sonderrechts selbst eines wichtigen Grundes oder aber der Zustimmung des Gesellschafters, dessen Sonderrecht betroffen ist. Gesellschafter haben bei der Ausübung eines ihnen eingeräumten Entsenderechtes die gesellschafterliche Treuepflicht zu beachten. Danach sind sie insbesondere gehalten, eine im Interesse der Gesellschaft handelnde Person in das Aufsichtsorgan zu entsenden.

 

Rz. 921

Auf die Vorschrift des § 101 Abs. 2 AktG wird in § 52 Abs. 1 GmbHG nicht verwiesen, sodass Entsenderechte anders als bei der Aktiengesellschaft auch gesellschaftsfremden Dritten eingeräumt werden können.[7] Diese erhalten durch die Einräumung eines solchen Rechts eine organähnliche Stellung, wodurch sie bei der Ausübung ihres Rechts, obwohl sie keine Gesellschafter sind, ebenfalls der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft unterworfen sind.[8] Der Berechtigte kann von seinem Entsenderecht Gebrauch machen, indem er gegenüber der Gesellschaft, vertreten durch ihren Geschäftsführer, erklärt, dass er Person X in das Aufsichtsorgan entsende.

 

Rz. 922

Auch können Zustimmungs- oder Vetovorbehalte zugunsten einzelner oder mehrerer Gesellschafter vereinbart werden, die wiederum Sonderrechte der Begünstigten darstellen. In diesen Fällen wird die Bestellung von Aufsichtsorganmitgliedern erst mit Zustimmung des Begünstigten wirksam.[9]

 

Rz. 923

Bei Kooptationen handelt es sich um Gesellschaftsvertragsbestimmungen, die es den vorhandenen Beiratsmitgliedern überlassen, weitere Mitglieder oder Nachfolger für ausgeschiedene Mitglieder zu ernennen.

 

Rz. 924

Außerdem können Stimmbindungsvereinbarungen zwischen Gesellschaftern diese verpflichten, ihre Stimme bei der Wahl in der vereinbarten Art und Weise auszuüben und gegebenenfalls ein bestimmtes Mitglied in den Beirat zu wählen. Verstößt ein Gesellschafter gegen seine Pflicht aus dieser Vereinbarung, so ändert dies dennoch nichts an der Wirksamkeit der vorgenommenen Bestellung, die vereinbarungswidrige Stimmabgabe ist wirksam.

[1] Auch ein schriftliches Verfahren gem. § 48 Abs. 2 GmbHG kann vorgenommen werden, vgl. Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 52 Rn. 41.
[2] Spindler, in MüKo-GmbHG, § 52 Rn. 111 ff.
[3] Lutter/Hommelhoff, in Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 6.
[4] Giedinghagen, in Michalski, § 52 Rn. 89.
[5] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 52 Rn. 41; Lutter/Hommelhoff, in Lutter/Hommelhoff, § 52 Rn. 6; Giedinghagen, in Michalski, § 52 Rn. 89.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge