Rz. 928

Gem. § 52 Abs. 1 GmbHG i. V. m. §§ 100 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, 105 AktG haben Mitglieder des fakultativen Aufsichtsorgans folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Sie müssen natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen sein (§ 100 Abs. 1 Satz 1 AktG);
  • Sie dürfen in Vermögensangelegenheiten nicht dem Einwilligungsvorbehalt eines bestellten Betreuers unterliegen (§ 100 Abs. 1 Satz 2 AktG);
  • Sie dürfen nicht gesetzliche Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens sein (§ 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG);
  • wenn es sich um eine kapitalmarktorientierte GmbH i. S. d. § 264d HGB handelt, muss mindestens ein Mitglied des Beirates über Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen (§ 100 Abs. 5 AktG);
  • sie dürfen nicht zugleich Geschäftsführer, Stellvertreter eines Geschäftsführers, Prokurist oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte der Gesellschaft sein (§ 105 AktG).
 

Rz. 929

Auch in Bezug auf die erforderlichen persönlichen Voraussetzungen für eine Bestellung zum Mitglied des fakultativen Aufsichtsorgans ist statutarisch vieles gestaltbar, § 52 Abs. 1 GmbHG:

Die Gesellschaft kann ihrerseits persönliche oder sachliche Voraussetzungen aufstellen. Gängig sind insbesondere Regelungen, die vorsehen, dass eine bestimmte berufliche Ausbildung oder Erfahrung vorliegen muss. Soweit die Organmitgliedschaft vergütet wird[1], muss jedoch das AGG[2] beachtet werden, sodass statutarische Vorgaben nicht ohne sachliche Rechtfertigung eine Ungleichbehandlung potentieller Mitglieder aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität vorsehen dürfen (§§ 7 Abs. 1, 1 AGG).

 

Rz. 930

Umstritten ist, ob und ggf. inwieweit für das fakultative Aufsichtsorgan einer GmbH von den Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 AktG abgewichen werden kann, insbesondere ob § 100 Abs. 1 AktG auch insoweit abbedungen werden kann, als nach dieser Vorschrift zu Aufsichtsratsmitgliedern nur (i) geschäftsfähige, (ii) natürliche Personen bestellt werden können, (iii) die in Vermögensangelegenheiten keiner Betreuung unterliegen. Einerseits ist die Vorschrift des § 100 Abs. 1 AktG in der dispositiven Regelung des § 52 Abs. 1 GmbHG verankert, sodass grundsätzlich von einer Disponibilität ausgegangen werden kann.[3] Andererseits sollen die persönliche Verantwortlichkeit und die daraus resultierende Haftung bei Pflichtverletzungen eine Disponibilität der in § 100 Abs. 1 AktG normierten persönlichen Voraussetzungen von Mitgliedern des fakultativen Aufsichtsorgans verbieten.[4] Eigene Meinung: Im Ergebnis kann für das fakultative Aufsichtsorgan eine Abdingbarkeit von § 100 Abs. 1 AktG nur in dem Umfang angenommen werden, als dadurch die zentrale Funktion und Minimalkompetenz des Aufsichtsorgans als Überwachungsorgan nicht eingeschränkt oder aufgehoben wird. Dies ist dann der Fall, wenn nicht geschäftsfähige oder der Vermögensbetreuung unterliegende Personen als Organmitglied zugelassen werden, da derartige Personen nicht die für eine Kontrolle der Geschäftsführung erforderliche Eignung haben. Ein Aufsichtsorgan, dessen Mitglieder ihren Aufsichtsaufgaben nicht nachkommen können, ist jedoch wie ein "Aufsichtsrat" ohne Überwachungskompetenz – und damit eine Irreführung des Rechtsverkehrs.

 

Rz. 931

Anders verhält es sich mit der Möglichkeit, juristische Personen als Organmitglied einzusetzen, wie das Beispiel der GmbH & Co. KG anschaulich zeigt. Für diese ist allgemein anerkannt, dass eine (Komplementär-)GmbH – vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer – die Geschäftsführung der KG übernehmen kann.[5] Bei einer Kapitalgesellschaft ist durch gesetzliche Vorschriften (z. B. § 6 Abs. 2 GmbHG) sichergestellt, dass deren Vertretungsorgan, das im Ergebnis dann auch die Rechte und Pflichten der als Aufsichtsorganmitglied bestellten juristischen Person wahrnimmt, nicht bereits dem Grunde nach für Überwachungsaufgaben ungeeignet ist.

 

Rz. 932

Umstritten ist auch, ob die in § 52 Abs. 1 GmbHG aufgeführten Regelungen des § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG und des § 105 AktG disponibel sind. Würde man in diesen Fällen Disponibilität bejahen, könnten durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen gesetzliche Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens sowie Geschäftsführer der betroffenen GmbH zum Mitglied des Aufsichtsorgans der GmbH bestellt werden. Dem ist allerdings mit der h. M.[6] für ein als Aufsichtsrat bezeichnetes Überwachungsorgan zu widersprechen. Denn es ist gerade grundlegendes Prinzip eines Aufsichtsrats, dass seine Mitglieder unabhängig sind und sich nicht selbst überwachen und auf Basis dieser Unabhängigkeit ihre Aufgaben, insbesondere die gegenüber der Geschäftsführung bestehenden Überwachungspflichten, wahrnehmen. Es würde dem Grundgedanken eines als Aufsichtsrat bezeichneten Überwachungsorgans – und damit auch dem durch die Bezeichnung "Aufsichtsrat" gesetzten Recht...

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